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Vor Allem ist als schwerer Uebelstand das zu kleine, zu dem gegen Süden gelegene und
nur durch ein Fenster erleuchtete Sections - Lokal zu nennen. Da die Mehrzahl der Sectionen in
den Mittagsstunden gemacht werden muss, so ist entweder die Mittagssonne, welche auf den Sec-
tionstisch fällt, fast unerträglich, oder bei Verhängung des Fensters durch einen Vorhang die Be
leuchtung eine ungenügende. Zudem ist der Raum viel zu kleiir, als dass er die Zahl der den
Sectionen beiwohnenden Besucher der Kliniken zu fassen vermöchte.
Sodann ist ein Raum zur Vornahme pathologisch - chemischer Untersuchungen gar nicht
vorhanden.
Für die pathologisch-anatomische Sammlung fehlt es ebenfalls an einem gesonderten Raum,
dieselbe ist vielmehr in den vier — im Winter fast täglich zu heizenden — Räumen dürftig unter
gebracht. Dadurch ist einerseits ein enormer Alkohol Verlust bedingt und in Folge dessen ein Ver
derben werthvoller Präparate, da es unmöglich ist immerwährend durch Nachgiessen den Verlust zu
ersetzen. Andrerseits ist dadurch der Arbeitsraum ganz ungemein beschränkt und zugleich die Luft
in den Räumen für die, welche sich darin aufzuhalten verpflichtet sind, schädlich und unangenehm.
Ein Raum, in welchem der Diener nothwendige Arbeiten vornehmen könnte, fehlt ebenfalls,
da das Sections lokal von drei Tagen durchschnittlich an zweien für Sectionen frei sein muss.
Der Aufbewahrungsraum für die Leichen bis zur Beerdigung ist durchaus allen Gesetzen
des Anstandes und der modernen Hygiene gleichmässig Hohn sprechend. Es ist nämlich ein
schmaler Keller, von dem aus eine Treppe mit kleinem Ueberbau in’s Freie führt, zur Aufnahme
der Leichen bis zur Beerdigung bestimmt. Da nun aber kein bedeckter Raum zum Schutze der
sich versammelnden Angehörigen vorhanden ist, so müssen sie entweder den Unbilden der hier den
grösseren Theil des Jahres unfreundlichen Witterung ausgesetzt bleiben, oder besonders, wenn sie
ihre Verstorbenen noch einmal zu sehen wünschen, in den Keller hinabsteigen. Der letztere dient
aber zugleich zur Aufbewahrung pathologischer zum Unterrichte bestimmter Präparate und es ist
unvermeidlich, dass die Athmosphäre darin in der Regel nicht wenig die Sinne verletzendes hat.
Endlich werden in demselben Raume die Leichen an ansteckenden Krankheiten Verstorbener auf
bewahrt, wie Pocken, Typhus etc.; es ist vom sanitätspolizeilichen Standpunkte aus durchaus un
zulässig den Zutritt in einen solchen Raum zu gestatten.
Endlich ist der Mangel einer Wohnung für den Aufwärter sehr fühlbar. Derselbe wohnt
zur Miethe ausserhalb der Heilanstalten und kann in Folge dessen nicht genöthigt werden anhaltend
im Institute zugegen zu sein; mancherlei unangenehme Vorkommnisse waren bereits die Folge davon.
Nach allen diesen grossen eine Abhülfe dringend erheischenden Schäden sind jedoch auch
mancherlei Verbesserungen in den Verhältnissen des Instituts zu erwähnen.
Vor Allem ist im verflossenen Jahre der Ankauf von 10 □ Ruthen eines Nachbargrund
stückes zu einem Hofe für das pathologische Institut bewilligt worden; es war ein solcher durchaus
nöthig, theils um einen Raum für im Freien auszuführende Arbeiten zu gewinnen, theils um das
pathologische Institut, welches durch die Anbauten dem Nachbargrundstück bis auf l 1 /* Meter nahe
gerückt war, in den durchaus nöthigen Abstand zu bringen.
Sodann wurde vorläufig die Anstellung eines Assistenten, der seither noch fehlte, für das
Jahr 1873 bewilligt, sowie die Einstellung eines Gehaltes für einen solchen in den Etat für 1874.
Was das dem Institute zu Gebote stehende Material betrifft, so sind es verschiedene
Quellen, aus welchem dasselbe fliesst. Es wurden im Jahre 1873 im Ganzen 239 Sectionen gemacht,
davon waren 89 von der Poliklinik, — 82 von der medicinischen Klinik, — 32 von der chirurgischen,
— 28 von der gynäkologischen (eingeschlossen 15 Neugeborne), — 8 aus der Privatpraxis; davon
waren 97 männlichen, 73 weiblichen Geschlechtes, ungerechnet 69 Kinder unter 15 Jahren.