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von Jodkalium in Glycerin. Im Ganzen verbrauchte er bis zum 31. Juli in 9 Wochen
äusserlich 6 Unzen Jodkalium, innerlich 21 Drachmen, ausserdem 3 X 16 Flaschen Dec.
Zittm. Dabei wurden die Geschwülste langsam immer kleiner und waren mindestens auf
die Hälfte reducirt, als er auf seinen Wunsch mit der Weisung entlassen wurde,
mit dem Gebrauche des Jods fortzufahren. Später habe ich vernommen, das die
Geschwülste ganz wieder verschwunden sind.
Fall III.
(Grosses Medullarsarcom bei einer Frau, welche selbst an Syphilis gelitten und syphiliti
sche Kinder geboren hatte.)
D. J., 35 Jahre alt, scheinbar gesunde kräftige Frau, will früher niemals an
einer schweren Krankheit gelitten haben, war immer regelmässig menstruirt, gebar
6 Kinder, von denen 5 ganz gesund sind. Das 6. hat am Fuss eine sarkomatöse
Geschwulst gehabt, welche von den Aerzten in ihrer Heimath exstirpirt worden
war. Vor 4 Monaten entdeckte sie dicht unterhalb ihres Unterkieferwinkels rechter-
seits eine kleine Anschwellung, welche rasch zunahm und trotz der Anwendung
verschiedener äusserer Mittel (Pflaster, Cataplasmen etc.) bald eine so beträchtliche
Grösse erreichte, dass ihre Aerzte ihr riethen, in Kiel Hülfe zu suchen.
Aufgenommen den 26. Februar 1861. In der Gegend des rechten Unter
kieferwinkels befand sich eine länglich runde Geschwulst von der Grösse einer
starken Mannsfaust, welche sich elastisch weich anfühlte (scheinbar fluctuirend), sehr
verschiebbar war und deshalb weder mit der Haut noch mit dem unterliegenden
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Knochen verwachsen schien. Gegen Druck war die Geschwulst mässig empfindlich,
auch spontan schmerzte sie wenig. Sie erstreckte sich nach vorne bis an die Mit
tellinie des Kinnes, nach hinten und oben bis an den processus mastoideus und
den meatus auditorius externus, nach unten überragte sie das obere Drittheil der
seitlichen Halsgegend. Der Kopfnicker schien mit dem hinteren äusseren Theil
der Geschwulst verwachsen zu sein und spannte sich an, wenn man diese nach
vorne oder hinten drängte.
Die vena jugularis externa lag unter der Geschwulst. Da die Menstruation
gerade der Patientin bevorstand, so konnte erst am 4. März die Exstirpation vor
genommen werden. Mit 2 bogenförmigen Schnitten, welche vom Ohrläppchen bis
zur Unterkinngegend sich erstreckten, umschrieb ich einen schmalen Hautlappen
auf der Höhe der Geschwulst und löste dann die letztere mit raschen Messerzügen
aus ihren Verbindungen. Es zeigte sich dabei, dass sie nicht blos mit der Parotis,
sondern auch mit dem musculus sternocleidomastoideus, dem mylohyoideus und dem
hinteren Bauch des digastricus innig verwachsen war. Ich war deshalb genöthigt,
da sich eine deutliche Abgrenzung nicht erkennen liess, von sämmtlichen diesen
I heilen beträchtliche Stücke mit zu entfernen. Die Blutung war dabei enorm und
nöthigte mich, im Ganzen 45 Ligaturen anzulegen, von denen indessen 15 an der
Geschwulst selbst sich befanden. In der grossen und tiefen Wunde sah man die