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Operation an sich ausführen zu lassen. Am 25. Februar (3 Wochen nach der 2. Opera
tion) machte ich die Exarticulation des rechten Oberschenkels nach der Methode von
Manec, indem ich einen grossen vorderen Lappen durch Einstechen und an der
hinteren Seite einen halben Kreisschnitt machte. Nur nach dieser Methode Hess
sich mit einiger Sicherheit im Gesunden operiren. Nachdem sämmtliche blutende
Arterien unterbunden waren, musterte ich sorgfältig die ganze Wundfläche, ob nicht
an irgend einer Stelle noch krankhaftes Gewebe zurückgeblieben sei. Ich fand
nirgends etwas Verdächtiges, nur an der Durchschnittsstelle des nervus ischiadicus
fand sich ein einzelner Nervenast, von der Dicke einer gewöhnlichen Seidenligatur,
der nach unten eine spindelförmige speckige Anschwellung zeigte, welche ich mitten
durchschnitten hatte. Ich zog den Nervenast mit der Pincette hervor und schnitt
ihn oberhalb der Anschwellung ab. Obgleich der Blutverlust ziemlich beträchtlich
gewesen, überstand doch der Patient auch diese Operation gut. Der grosse vor
dere Lappen verwuchs mit der grossen hinteren Wundfläche fast in seiner ganzen
Ausdehnung per primarn intentionem, die Eiterung aus den Kanälen, in welchen
die Ligaturen lagen, war verhältnissmässig unbedeutend und 4 Wochen nach der
Operation war der grösste Theil der Wunde schon vernarbt, als plötzlich die
Weichtheile des Stumpfes wieder anfingen zu schwellen und bald eine diffuse knol
lige Anschwellung die ganze untere Gegend der rechten Hinterbacke einnahm.
Ich liess nun den Rest der Wunde täglich mehrmals mit pulverisirtem Jodkalium
bestreuen und auch innerlich Jodkalium nehmen in rasch steigender Dosis bis 1
Drachme p. d. Bei dieser Behandlung schien das Wachsen der Geschwulst sich
zu verlangsamen, doch hatte sie am 15. April schon fast die Grösse eines Manns
kopfes erreicht, als der Patient das Hospital verliess, um in seiner Heimath den
Tod zu erwarten. Ich rieth indessen mit dem Gebrauch des Jods iryierlich und
äusserlich fortzufahren und bat den Arzt in seiner Heimath brieflich um Mittheilung
über den weiteren Verlauf dieses Falles. Dieser fuhr nun consequent mit der ein
geschlagenen Behandlung fort, liess ihn vom 15. April bis zum 5. August täglich 1 — 1 [ /- 2
Drachmen Jodkalium nehmen, im Ganzen 132 Drachmen, und bestreute die Wunde
bis zum Anfang Juni täglich mit Jodkalium. Als die Wunde sich schliesslich be
deutend erweiterte, vertiefte, ein missfarbiges Aussehen gewann und jauchige Ab
sonderung zeigte, verband er sie mit Salzsäure, mit welcher auch die vorhandenen
Fistelgänge ausgespritzt wurden. Von nun an verkleinerte sich nicht blos die
Geschwürsfläche auffallend rasch, sondern es schwand auch die Anschwellung von
Tage zu Tage mehr, sodass bereits im August die Wunde der Vernarbung nahe
war und nur noch an einigen Stellen verdächtige Härten durchgefühlt werden
konnten. Die Behandlung wurde bis zum Februar i860 consequent fortgesetzt,
wo M. aus der Behandlung entlassen wurde, weil die Wunde vollkommen vernarbt
und jede Spur einer verdächtigen Härte geschwunden war. Bis dahin hatte er im
Ganzen gegen 4 Pfd. Jodkalium innerlich verbraucht, ohne jemals irgend welche Intoxi-
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