Full text: (Band XIX.)

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Die wichtigste Frage für den Praktiker ist immer nach der Prognose. Man 
wusste von Alters her, dass es Geschwülste gäbe, welche nach der Exstirpation 
nicht wiederkehrten, und solche, die nicht allein in der Operationsnarbe und ihrer 
unmittelbaren Umgebung wiederkehrten, sondern auch in gleicher Weise in den 
Lymphdrüsen und in inneren Organen auftraten. In Folge dieser Beobachtung 
theilte man die Neubildungen ein nach ihrer Gefährlichkeit, ihrer leichten oder 
schweren Heilbarkeit, oder wie man es gewöhnlich nennt, ihrer Gut- oder Bös 
artigkeit. Förster bemerkt hierzu: ,,Es mag eine solche Eintheilung auch vielleicht 
für die Kunst zweckmässig und erspriesslich sein, wissenschaftlich ist sie jedenfalls 
eben so wenig, als eine Eintheilung der Thiere und Pflanzen in nützliche und 
schädliche, giftige und essbare, wohlriechende und stinkende etc. Uebrigens möchte 
wohl noch sehr zu bezweifeln sein, ob die Kunst wirklich Gewinn von einer solchen 
Eintheilung hat, und möchte wohl auch hier der übrigens allgemein gültige Satz 
sich bewähren, dass der Vortheil, den die Kunst aus strenger und inniger Ver 
bindung mit den Grundsätzen der Wissenschaft zieht, viel schwerer in die Wacr- 
ö 
schale fällt, als alle der äusserlichen Zweckmässigkeit entnommenen, in letzter Linie 
doch nur scheinbaren Vortheile.“ Ein genaues klinisches und anatomisches Studium 
warf aber sehr bald dies System von der Gut- und Bösartigkeit über den Haufen, 
man erkannte, dass die Verhältnisse viel complicirter waren. Die pathologische 
Anatomie unterschied dann nach äusseren Kennzeichen und Formen, Namen wie 
Polyp, Scirrhus, Fungus etc. kamen auf. Auf diesem äusserst unvollkommenen 
Standpunkt verharrte die Lehre von den Geschwülsten, bis Johannes Müller die 
feinere mikroskopische Structur der Neubildungen als Eintheilungsprincip aufstellte. 
Durch seine Arbeiten rückte unsere Lehre zwar ein gut Stück weiter, doch waren 
die Untersuchungen immer noch ziemlich oberflächlich. Eine bedeutsame Förderung 
auf diesem Gebiete gab uns erst Virchow, indem er von seinen cellularpathologi 
schen Anschauungen ausgehend wieder mehr Einheit in die ganze Lehre brachte. 
Damit kam denn auch wieder der klinische Standpunkt zu Ehren, nachdem derselbe 
lange Zeit durch den pathologisch-anatomischen in Folge der gewaltigen Fort 
schritte, die diese Disciplin in den letzten Decennien gemacht, verdrängt worden war. 
Von allen Neubildungen sind unstreitig klinisch am wichtigsten die beiden 
Geschwulstspecies, welche man als bindegewebige und epitheliale Gewächse unter 
scheidet und als deren Repräsentanten wir an der Spitze der einen das Sarkom 
an der der anderen das Carcinom treffen. Nicht allein in anatomischer Beziehun<>- 
o 
herrscht zwischen diesen beiden Geschwulstformen die grösste Verschiedenheit, es 
hat vielmehr auch die klinische Beobachtung bemerkenswerthe Unterschiede zwischen 
ihnen hervorzuheben. 
Es sei hier gestattet, näher-auf das klinische Verhalten der Sarkome einzu 
gehen, durch welches sie gerade dem Arzte das grösste Interesse abverlangen. 
In keiner Gruppe von Gewebsneubildungen ist scheinbar der Gegensatz von Gut-
	        
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