Full text: (Band XIX.)

wenn er von niederer Geburt, den Reichen, wenn er arm, den Regierenden, 
wenn er auch Privatmann ist. Noch über das Grab hinaus erhält sich diese Liebe 
oft in rührenden Zügen, wie der Hass gegen den Tyrannen erst nach seinem Tode 
recht ausbricht. Die Asche des Königs Menandros von Baktra musste unter die 
trauernden Unterthanen vertheilt werden: jeder wollte ein Andenken haben. Die 
Perser lieben für alle Zeit die Krummnasigen und halten sie für die Schönsten, weil 
ihr grosser Kyros eine krumme Nase hatte. 
So ist von allen Eroten der stärkste und göttlichste der, welcher Staaten und 
Völker für einen der ihrigen um seiner Trefflichkeit willen einnimmt; während jene 
trügerischen Huldigungen für flache Popularität buhlerische Schmeicheleien eines 
wüsten Haufens sind, welcher Jedem, der ihn beschenkt und sich ihm gefällig erweist, 
zulächelt und für einen Tag seinen Namen im Munde führt. Immer sei daher der 
Staatsmann neben seiner eigenen Würde auch der Würde seines Volkes eingedenk, 
wie Perikies, als er das Feldherrnkleid anlegte, zu sich sprach: bedenke, Perikies, 
Freigeborenen gebietest du, Hellenen gebietest du, athenischen Bürgern. Plutarch 
freilich findet für nöthig, diese stolzen Worte zeitgemäss durch das demüthige Be 
kenntnis zu ersetzen: als Unterthan regierst du; dem Statthalter des Kaisers ist die 
Stadt untergeben; du hast wie ein Schauspieler auf den Souffleur zu hören und 
darfst Rhythmus und Maass der dir zugewie'senen Befugniss nicht überschreiten: sonst 
wirst du nicht etwa durch Auszischen bestraft, sondern durch Beil oder Deportation 
auf eine Insel. 
In unserem Deutschland giebt es keine nach römischem Begriff Unterworfe 
nen: das nämliche Gesetz und Recht schirmt und regiert alle Glieder unseres Staates; 
die Selbständigkeit des Handelns ist in sclavische Fesseln nicht geschlagen und wird 
ällmählig noch freier gelöst. Aber neben jener heilsamen Bewegung der Geister, 
ohne welche das Leben erstürbe, ist doch nach Gründung des Reichs und Nieder 
werfung des Feindes auch unser sehnlicher Wunsch auf Friede nach aussen und 
Einigkeit im Innern gerichtet. Wenn aber grade jetzt in unserer Mitte Widersacher 
der Eintracht, die durch eigene Schuld sich als Fremdlinge und Unterdrückte fühlen, 
die schAvarzen Nebel der Umvissenheit und des Misstrauens dämonisch ballen und 
mit gewaltigem Getöse den hellen Tag bekämpfen: so sichert, was unseren Waffen 
nach aussen den Sieg verliehen, die Wahrheit und des Geistes Ueberlegenheit, auch 
dem Kampf des Lichtes gegen die Finsterniss den endlichen Erfolg. Auch der Drache 
am Felsen von Pytho erlag den fern treffenden Pfeilen Apollo’s. Von grimmen 
Schmerzen, wie der Homeride singt, zerrissen lag er am Boden sich windend, schwer 
keuchend, und unter entsetzlichem Geschrei wälzte er sich hierhin und dorthin, bis 
er die blutige Seele aushauchte. Phöbos, der Hochschreitende, aber sprach über ihm:
	        
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