fehlt, zum Zeitvertreib in öffentliche Angelegenheiten. Vielen, die sich leichtsinnig
hineinbeo-eben haben und es bald satt bekommen, geht es dann so wie Kindern,
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die sorglos in ein Boot gestiegen sind, um sich auf den Wellen zu schaukeln, aber
unversehens auf die hohe See getrieben nun ängstlich und seekrank hinausblicken:
die lachenden Eroten der hellen Windstille haben sie in die Hybris des Pontus ge
lockt. Andre treten in das öffentliche Leben wie Schauspieler auf die Bühne, um
sich sehen zu lassen, oder sie betreiben es wie ein kaufmännisches Geschäft zu ihrem
Erwerb und Vortheil. Manche werden durch persönlichen Hass und Rachsucht in
verhängnisvolle Bahn gerissen, auf der sie nur zu bald Zaum und Zügel verlieren.
Das Staatsleben ist wie ein Brunnen, der einen Schatz birgt: wer leichtfertig kopfüber
hineinstürzt, hat es zu bereuen; wer aber wohl vorbereitet in bedächtiger Ruhe hin
absteigt, ohne einen selbstsüchtigen Zweck zu verfolgen, der findet das ewige Kleinod
des Wahren und Schönen in der liefe.
Zwei Wege giebt es, die zu hoher Stellung im Staate führen: der eine schnell
und glänzend, aber nicht gefahrlos, der andre unscheinbarer und langsamer, aber
sichrer. Die Einen nämlich erheben sich wie aus dem Schaum des Meeres durch
eine kühne, Aufsehen erregende, bedeutende That, indem sie an die Spitze ihres
Werkes, mit Pindar zu reden, eine weithinstrahlende Front stellen, sei es ein glück
licher Feldzug oder ein grosser diplomatischer Erfolg, oder ein glänzender Process,
oder sonst eine verdienstvolle Unternehmung, oder Aufdeckung von Missbräuchen,
oder auch ein zu rechter Zeit, am rechten Ort gesprochnes, unerschrocknes und tref
fendes Wort. Das Ungewöhnliche, Ueberraschende nimmt das Urtheil der Menge
gefangen. AVie schnell aufloderndes Feuer ohne Rauch ist, so drückt den plötzlich
erglänzenden Ruhm kein Neid. Wer dem Schnellläufer Ladas gleich, der die Renn
bahn durchmessen hatte, während noch das Schwirren des von der Schranke gelösten
Seiles in den Ohren klang, den Ehrenkranz im Fluge davon trägt, der entwaffnet
Missgunst und Geringschätzung. Dem leuchtend aufgehenden Gestirn wenden sich
Alle zu. Nicht wenige sind auch durch Opposition in die Höhe gekommen, indem
sie auf gefürchtete und missliebige Männer einen glücklichen Angriff ausführten: die
Macht des Gestürzten fällt dann sofort dem Sieger zu, nur besser getragen durch die
öffentliche Meinung. Freilich einen anerkannt Vortrefflichen, der Verdientermassen
an der Spitze steht, zu bekämpfen ist weder rühmlich noch förderlich: denn wenn
sich auch die Menge für den Augenblick etwa durch dergleichen Einflüsse hinreissen
lassen sollte, so ist der Rückschlag, wenn sie wieder zur Besinnung kommt und be.
reut, nur um so verderblicher für den Anstifter, der dann als bequemes Sühnopfer
zermalmt wird. Andre haben sich Ruhm und Bedeutung erworben dadurch, dass sie
die Macht einer verhassten Behörde brachen, wie Ephialtes in Athen durch seine
Anträge gegen den oligarchischen Areopag. Milder und friedlicher trat Solon auf,