Full text: (Band XIX.)

fehlt, zum Zeitvertreib in öffentliche Angelegenheiten. Vielen, die sich leichtsinnig 
hineinbeo-eben haben und es bald satt bekommen, geht es dann so wie Kindern, 
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die sorglos in ein Boot gestiegen sind, um sich auf den Wellen zu schaukeln, aber 
unversehens auf die hohe See getrieben nun ängstlich und seekrank hinausblicken: 
die lachenden Eroten der hellen Windstille haben sie in die Hybris des Pontus ge 
lockt. Andre treten in das öffentliche Leben wie Schauspieler auf die Bühne, um 
sich sehen zu lassen, oder sie betreiben es wie ein kaufmännisches Geschäft zu ihrem 
Erwerb und Vortheil. Manche werden durch persönlichen Hass und Rachsucht in 
verhängnisvolle Bahn gerissen, auf der sie nur zu bald Zaum und Zügel verlieren. 
Das Staatsleben ist wie ein Brunnen, der einen Schatz birgt: wer leichtfertig kopfüber 
hineinstürzt, hat es zu bereuen; wer aber wohl vorbereitet in bedächtiger Ruhe hin 
absteigt, ohne einen selbstsüchtigen Zweck zu verfolgen, der findet das ewige Kleinod 
des Wahren und Schönen in der liefe. 
Zwei Wege giebt es, die zu hoher Stellung im Staate führen: der eine schnell 
und glänzend, aber nicht gefahrlos, der andre unscheinbarer und langsamer, aber 
sichrer. Die Einen nämlich erheben sich wie aus dem Schaum des Meeres durch 
eine kühne, Aufsehen erregende, bedeutende That, indem sie an die Spitze ihres 
Werkes, mit Pindar zu reden, eine weithinstrahlende Front stellen, sei es ein glück 
licher Feldzug oder ein grosser diplomatischer Erfolg, oder ein glänzender Process, 
oder sonst eine verdienstvolle Unternehmung, oder Aufdeckung von Missbräuchen, 
oder auch ein zu rechter Zeit, am rechten Ort gesprochnes, unerschrocknes und tref 
fendes Wort. Das Ungewöhnliche, Ueberraschende nimmt das Urtheil der Menge 
gefangen. AVie schnell aufloderndes Feuer ohne Rauch ist, so drückt den plötzlich 
erglänzenden Ruhm kein Neid. Wer dem Schnellläufer Ladas gleich, der die Renn 
bahn durchmessen hatte, während noch das Schwirren des von der Schranke gelösten 
Seiles in den Ohren klang, den Ehrenkranz im Fluge davon trägt, der entwaffnet 
Missgunst und Geringschätzung. Dem leuchtend aufgehenden Gestirn wenden sich 
Alle zu. Nicht wenige sind auch durch Opposition in die Höhe gekommen, indem 
sie auf gefürchtete und missliebige Männer einen glücklichen Angriff ausführten: die 
Macht des Gestürzten fällt dann sofort dem Sieger zu, nur besser getragen durch die 
öffentliche Meinung. Freilich einen anerkannt Vortrefflichen, der Verdientermassen 
an der Spitze steht, zu bekämpfen ist weder rühmlich noch förderlich: denn wenn 
sich auch die Menge für den Augenblick etwa durch dergleichen Einflüsse hinreissen 
lassen sollte, so ist der Rückschlag, wenn sie wieder zur Besinnung kommt und be. 
reut, nur um so verderblicher für den Anstifter, der dann als bequemes Sühnopfer 
zermalmt wird. Andre haben sich Ruhm und Bedeutung erworben dadurch, dass sie 
die Macht einer verhassten Behörde brachen, wie Ephialtes in Athen durch seine 
Anträge gegen den oligarchischen Areopag. Milder und friedlicher trat Solon auf,
	        
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