5m bemänteln, so bildet sich jener gefährliche Leichtsinn aus, der nach Herbarts An
sicht nie vollständig ausgerottet werden kann. Bei diesem Leichtsinn ist der Sangui
niker ein schwer, oder nie zu bekehrender Sünder, der um der äusseren Folgen
willen wohl momentane, oberflächliche Reue, aber nie wirklichen, tief gehenden und
Besserung bewirkenden Gram zeigt, und auf den das Wort Luthers passt, dass mit
guten Vorsätzen der Weg zur Hölle gepflastert sei.
Doch selbst bei treuer Mithilfe des Hauses will es der Schule manchmal
nicht gelingen, einen Knaben in der acht- bis neunjährigen Schulzeit in Ordnung zu
bringen, und dann ist es gerathen, ihn nach der Confirmation sofort einem Lehrherrn
zu übergeben. Denn bleibt er in der Schule, ohne sich durch den Unterricht bessern
zu lassen, so erstarken gerade in der nun folgenden Uebergangsperiode zur Mannbar
keit und Selbstständigkeit seine sanguinischen Fehler derartig, dass auch der nach
her zu spät zur Anwendung kommende Einfluss der practischen Lehre zur erfolg
reichen Bekämpfung derselben zu schwach ist, und diese im glücklichsten Falle nur
noch durch ganz ausserordentliche und schwere Lebensschicksale bewirkt werden kann.
Wenn nun mit einem jungen Sanguiniker, an welchem die erziehlichen Be
mühungen der Eltern und Lehrer ohne den rechten Erfolg geblieben sind, durch
den Uebertritt in das practische Leben der letzte Besserungsversuch gemacht werden
soll, so hat die Wahl des Berufes, welche für jedes Temperament von grosser Be
deutung ist, wiederum für das sanguinische die höchste Wichtigkeit. Ein Beruf, in
welchem geistige Arbeit mit körperlicher Thätigkeit passend abwechselt und nicht
allzugrosse Anstrengung erfordert wird, dürfte im allgemeinen sanguinischen Naturen
am meisten Zusagen.
Die Beseitigung oder wenigstens die Einschränkung der mehr negativen Eigen-
thümlichkeiten des Sanguinikers wird aber in der Regel schon durch den Unterricht
erzielt werden, sobald nur Schule und Haus ihre volle Schuldigkeit thun.
Namentlich wird in den höheren Klassen die Vertiefung in einzelne Lehr
objecte einen geistigen Genuss gewähren und so der Neigung zu äusseren, sinnlichen
Freuden, für welche das sanguinische Temperament sehr empfänglich ist, Vorbeugen
oder doch ein kräftiges Gegengewicht setzen.