Full text: (Band XVII.)

gehindert wird; allein hiermit ist auch der Uebergang zur negativen Seite gemacht. 
Infolge der Leichtigkeit im Wechsel der Vorstellungen zerstreut, zersplittert sich das 
sanguinische Kind auch leicht, bringt keine Gedankenmasse zu besonders hervorragen 
der Wirksamkeit und vergisst das schnell Erworbene in kurzer Zeit. Der Lehrer hat 
daher sanguinischen Naturen dieses Alters gegenüber die schwierige Aufgabe, das 
Gelernte durch Einüben zum festen Besitz zu machen und doch dabei unzeitige 
Gründlichkeit zu vermeiden. Die Kraft des geschickten Einübens besteht darin, dass 
man das auf einer bestimmten Stufe Gelernte nicht sofort bis zum Ueberdruss 
„einpaukt“, sondern durch stete gelegentliche Wiederholung und Anwendung 
befestigt. 
Wenn nun durch eine verständige Methode des Unterrichts Aufmerksamkeit 
erzielt und durch geschicktes Ueben ein fühlbarer Zuwachs an Wissen und Können 
bewirkt worden ist, so pflegen gerade sanguinische Naturen sich dadurch leicht zur 
Nachlässigkeit verführen zu lassen. Wiederum ist es Sache der Methode, das Interesse 
am Unterricht, die Lust zu lernen fortwährend rege zu erhalten und den Sanguiniker 
zum Fleisse, d. h. zum angestrengten und ausdauernden Arbeiten zu erziehen. Der 
Fleiss ist auch ein sicheres Kennzeichen wirklichen Talentes. Häufig wird ober 
flächliche Lebendigkeit dafür gehalten. Das Talent beglaubigt sich am besten durch 
beharrliche Anstrengungen. Zum Fleisse kann aber nur der Lehrer erziehen, dei 
selbst mit Lust und hingebender Treue arbeitet, und hängt hier der erziehliche Erfolg 
nicht blos von der Geschicklichkeit des Lehrers, sondern auch von seinem Character 
ab. Dasselbe gilt von der dritten Tugend, zu welcher das sanguinische Kind beson 
ders durch die Schule hingeführt werden muss, von der Ordnung. Je mehr feste 
Ordnung es um sich sieht, desto leichter fügt es sich, und je gewissenhafter die 
Schulordnung vom Lehrer selbst innegehalten wird, desto seltener wird es sich durch 
Bequemlichkeit und eigenwillige Laune verleiten lassen, das vorgeschriebene Gesetz 
zu verletzen. Der gesetzliche Sinn, das Pflichtbewusstsein will anerzogen sein, und 
in dieser Beziehung ist die Schule eine sehr wesentliche Ergänzung des Hauses und 
eine Stütze des Staates, für dessen Gemeinschaft sie das Kind vorbereitet. Unbedingt 
gelten hier Hegels Worte, wenn er Thaulow 1. S. 26 sagt: „Die Schule ist die Mittel 
sphäre, die den Menschen aus dem Familienkreise in die Welt hinüberführt, aus dem 
Naturverhältniss der Empfindung und Neigung in das Element der Sache, ln der 
Schule nämlich fängt die Thätigkeit des Kindes an, wesentlich und durchaus eine 
ernsthafte Bedeutung zu erhalten, dass sie nicht mehr der Willkür und dem Zufall, 
der Lust und Neigung des Augenblicks anheimgestellt ist; es lernt sein Ihun nach 
einem Zwecke und nach Regeln bestimmen; es hört auf, um seiner unmittelbaren 
Person willen, und beginnt nach dem zu gelten, was es leistet, und sich ein Ver 
dienst zu erwerben. In der Familie hat das Kind im Sinne des persönlichen Gehor 
sams und der Liebe recht zu thun, in der Schule hat es im Sinne der t flicht und
	        
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