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Therapie , ßd. I. Heft I. 1851. S. 35.) , von Thomas (Archiv der Heilkunde, S. 539.
1864.) und von Zorn , welcher (S. den Separatabdruck den St. Petersburger medici-
nischen Zeitschrift Bd. IX. 1865) in der berühmten Epidemie von Febris recurrens
im Jahre 1864 zwölf Fälle registrirt, in denen das Thermometer 42° C. und darüber
zeigte und doch verliefen nur 4 lethal. Der zweite Theil des Satzes von Wunderlich
steht aber auf noch viel schwächeren Füssen. Vor allem muss ich den genannten
Gelehrten entgegnen, dass nicht der vorübergehende Excess , sondern die Ursache,
welche ihn hervorrief, der Beurtheilung zu unterwerfen ist, Bei Febris recurrens,
eine Krankheit, welche allerdings Wunderlich nicht beobachtet hat, pflegen speciell
bei jener perniciösen Form, die Griesinger als biliöses Typhoid zuerst beschrieben,
nur Temperaturen zwischen 39 und 40,5°C vorzukommen, sehr selten 41°C, trotzdem
ist die Krankheit höchst gefährlich, da schon im ersten Anfall etwa 11% der Er
krankten zu Grunde gehen. Bei der milder verlaufenden Form, die schlechthin als
Febris recurrens bezeichnet wird, kommen Temperaturen von 42—43°C in der Achsel
höhle vor, und trotzdem beträgt die Sterblichkeit nur 2—3%, ebenso finden sich bei
Pneumonien, dem Abdominaltyphus und Intermittenten sehr hohe Steigerungen der
Körperwärme, ohne dass die Patienten in einer grösseren oder nur gleichen Gefahr
schweben wie solche, welche vom biliösen Typhoid befallen sind. Darf man demnach
derartige allgemeine Gültigkeit beanspruchende Sentenzen nicht in jedem Falle auf
Treu und Glauben hinnehmen, so muss iöh auch die von Wunderlich für specielle
Krankheiten aufgestellten Sätze wenigstens theilweise von der Hand weisen. Gegen
seine Ausführungen beim Abdominaltyphus habe ich unter Andern einzuwenden, dass
sie mir selbst für die von ihm beobachteten Fälle nicht annehmbar erscheinen, da
sich aus Untersuchungen, welche täglich nur 2 höchstens 3 mal angestellt sind, nicht
absolut sichere Folgerungen ziehen lassen. Hierzu gehören Temperaturmessungen,
welche in Zwischenräumen von 5 Minuten zu wiederholen sind. Dazu kommt aber
noch, dass Wunderlich gar nicht alle Formen des Abdominaltyphus berücksichtigt
hat, die Abortivform desselben, wobei der Krankheitsprocess in 3—4 Tagen abgelaufen
sein kann, erwähnt er gar nicht, geschweige dass er hier thermometrische Messungen
angestellt hätte. Freilich pflegen die Abortivtyphen selten oder nie in Hospitälern
zur Beobachtung zu kommen. Jedenfalls ist aus dem soeben Angeführten deutlich zu
ersehen, wie misslich es ist in der Art von Wunderlich selbst gefundene Erfahrungs
sätze als unumstössliche Dogmen aufzustellen, und so sehr die Neuzeit dem verdienten
Forscher wegen seinen auf zahlreiche Beobachtungen gegründeten Enthüllungen zum
Danke verpflichtet ist, so wenig darf sie sich doch herbeilassen jene oben angeführten
Sentenzen ohne Vorbehalt zu acceptiren.