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nach dem alten Rechtsbuch*), nur gesetzt, da der König nicht in allen Landen zu
aller Zeit sein kann, um alles Ungericht zu richten, und wie sie somit als des Könio-s
Stellvertreter erscheinen, so empfangen sie auch allein von ihm oder in seinem Auf
trag ihre Gewalt. — Nach freier Willkür, nicht durch Erbansprüche gebunden, kann
der König zunächst seine weltlichen Fürsten, den mächtigen Herzog von Baiern und
den kleinen Grafen in Sachsen, auswählen. Nur in einigen Theilen des Reiches ha
ben schon im 10. Jahrhundert eigentümliche Verhältnisse wenigen Geschlechtern
ein gleichsam erbliches Recht, wie Quellen sagen, auf hohe Reichsämter ver
schafft. Entzogen waren aber auch diese Gegenden mit Nichten der königlichen Ge
walt, denn die war im ganzen Reiche allein schon durch die Stütze, die sie an den
geistlichen Fürsten fand, in der alle umfassenden Herrschaft festbegründet. Dem
Könige stand die unbeschränkte Verfügung über die Erzbistümer und Bistümer,
sowie zahlreiche Abteien des Reiches zu, die er, allen Privilegien zum Trotz, ganz
nach freiem Ermessen, oft nicht einmal mit einer sonst gebräuchlichen Scheinbeachtung
der von dem Recht der Kirche geforderten Wahl durch Klerus und Volk, an die von
ihm ernannten Geistlichen übertrug.
Die Fürsen erwarben auch keineswegs, nachdem sie eingesetzt waren, dem
Könige gegenüber eine selbstständige Stellung. Ihn blieben sie doch, mochten sie
geistlich oder weltlich sein, verantwortlich, und wenn jene auch, geschützt durch ihr
kirchliches Amt, nicht, wie oft genug den weltlichen geschah, durch einfachen Spruch
abgesetzt werden konnten, so mussten doch auch sie, um die Worte eines alten Bi
schofs zu gebrauchen, sich uem Urtheil des Königs fügen, wenn er sic einer nach
lässigen oder untreuen Führung des ihnen anvertrauten Amtes wegen vor Gericht
zog. Sie alle waren, wie es heisst, der Disciplin der Pfalz unterworfen; dem höch
sten Gerichte, der Regierung, dem Hofe des Königs
Gar massenhaft waren hier die Geschäfte, die täglich ihrer Erledigung harr
ten. Alle Sachen, die an den Hof gebracht wurden, mussten dem Könige selbst zur
Entscheidung vorgelegt werden, wodurch dessen vertraute Käthe, die immer in seiner
Umgebung waren, einen grossen Einfluss erlangten, der oft Gegenstand heftiger Kla
gen von Seiten der Fürsten war. Unter ihnen tritt wiederum die Geistlichkeit,
ihrer Bedeutung für das gesammte geistige Leben entsprechend, zahlreich vertreten
hervor. Es waren die königlichen Capeliane, denen die gottesdienstlichen Handlun
gen am Hofe, die Schreiberei, gewiss oft auch der Vortrag bei dem Fürsten selbst
oblag, und die immer bereit sein mussten, ausgesandt zu werden, um auf königlichen
Gütern, in Bisthümern oder Abteien, oder wo sonst der Dienst des Reiches es er-
*) Dass dieser, wie so viele andere Sätze des Sachsenspiegels für seine Zoit nur noch
theoretische Bedeutung hatten, sich vielmehr auf das Staatsichen dor vorangegangenon Zoit bozie-
hon, bedarf, gegenüber den Nachrichten über die thatsächlichen Zustände, keines Bowoiscs.