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Sobald die Verhandlung mit dem Gebote der Stille eröffnet war, lagen erhöhte
Bussen auf der Störung durch That oder Wort; nord- und süddeutsche und scandi-
navische Rechtsquellen stimmen darin überein. Besonders vergessen die Stadtrechte
nicht die Störung der Gerichtsverhandlung zu ahnden und nicht bloss Gewaltthat vor
Ratmannen und Vogt, 1 ) sondern auch unbefugtes reden und schwatzen wird gestraft; 2 )
nicht minder heben die Weisthümer Schelte vor Gericht als Friedensbruch hervor. 3 )
Um Thätlichkeiten zu vermeiden, sind die Verbote, vor Gericht bewaffnet zu
erscheinen, sehr oft wiederholt worden; sie scheinen aber nicht allgemein gegolten
zu haben. Die frühesten sind meines wissens in dem ripuarischen Recht (66) und
dem Capitulare Karls d. Gr. von 805. Der Schwabenspiegel (207. Wack.) gestattet
dem zu Gericht farenden wenigstens das Schwert, und macht das tragen von Har
nischen auf dem Landteiding von des Richters Erlaubnis abhängig (292). Stadt- und
Dorfrechte wiederholen ähnliche Bestimmungen, verbieten auch die Waffen völlig. 4 )
Kam ein Mann aus einem andern Gerichtsbezirk bewaffnet vor Gericht und entschul
digte sich mit nichtwissen, so durfte er keine Busse leisten, wie das Billwärder Recht
bestimmt.
Der Dingfriede trat allerdings erst mit dem feierlichen Anfang der Verhandlung
in Kraft; indess erschien es früh notwendig, den Besuch der Versammlung allen dadurch
zu erleichtern, dass sie auf dem Wege hin und zurück erhöhten Frieden hatten.
Selbst dem in Fehde liegenden (dem homo faidosus) ward er nach altfriesischem
Gesetz 5 ) zu Theil, und spätere friesische und dietmarsche Küren vergessen die Strafen
für den Bruch solches Friedens nicht. 6 )
Dass die Abgeordneten der einzelnen Landschaften zu allgemeinen Versamm
lungen unter besonderem Schutze stunden, lässt sich schliessen; verbürgt wird es für
Friesland. Wir kennen die hohe Friedensbusse, welche die Abgeordneten zum Op-
stallisbam schüzte, und nicht minder die dietmarscher Achtundvierziger, wenn sie um
des Landes Ehre und Nutzen sich versammelten. 7 )
Aus allem aufgeführten folgt von selbst, dass die Mahl- und Gerichtstatt eine
Friedstatt war. Man könnte höchstens zweifeln, ob die lere Stätte derselben Ehre
wie die bfesezte genoss. Indessen glaube ich, es bejahen zu müssen, wenigstens was
') z. B. Lübeck. Str. II, § 65 (Hach), Hamburg, v. 1270. IX, 1. München. 332. Prag.
Statut. 86. I .
2 ) München. Str. 454.
3 ) Weist. 1, 195. Blumer Stats- und Licchtsgesch. 1, 419.
4 ) Strassburg. Str. v. 1322 § 01. 65 (nach Osenbrüggen alem. Strafr. 48). Billwürd. lt. §23.
Weist. 1, 195. Kaltenbäck österr. Pantaid. 1, 73.
s ) 1. Fris. add. sapient. I, 1.
6 ) Ri'istring. Küren 116, 8. Fivelgo. § 6. Dietmarsch. Lamlr. v. 1447. § 43. von 1539. § 94.
’) Upswillsbom. Ges. v. 1323. § 6. Dietmarsch. Ldr. v. 1447. § 27. Landr. v. 1539. § 7. 17.