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der altgermanisehen Vorstellung begründen zu müssen, dass der Schlachtengott, dessen
Bild oder Symbol das Her in den Kampf geleitete, gegenwärtig schien. *) Das Wal
feld galt als Opferstätte; über Tag, Beginn und Wendung der Schlacht gebot die
Gottheit. Hat demnach der Her friede eine religiöse Grundlage, so stützt sich der
selbe später überwiegend auf das Bedürfhiss, jedem Zwist unter der leicht erregten
bewafneten Menge Vorzubeugen. Die Volksrechte setzten dreifache und neunfache
Busse oder Tod und Verbannung auf seinen Bruch, 2 ) und ebenso begegnen wir dem
Herfrieden auch noch später. Es mag zweifelhaft sein, ob der in den friesischen
Küren öfter hervorgehobene hirifretho oder herferd auf das zum Dinge oder zum
Kriege versammelte Volk sieh bezieht; a ) für das leztere spricht jedoch deutlich ein Zusatz
zum ostfriesischen Landrecht von 1527, welcher doppelte Busse dem zutheilt, der im
heervrede oder heerschilt ficht, d. i. der unter der Fahne mit seinem Hauptmann
gegen die Feinde ausgezogen und schon ein Viertheil Weges von seinem Hause ent
fernt ist. 4 ) Die Kriegsartikel des späteren Mittelalters, welche den Frevel auf ,,Aus
zügen und Reisen“ als Friedensbruch doppelt strafen, setzen die Spur des Herfriedens
in die neueren Kriegsrechte fort, deren scharfe Strafen von unserm Standpunct aus
als Folgen des höheren Friedens des streitbaren Volkes erscheinen müssen.
Ein Ausfluss desselben sind auch die gesteigerten Bussen, deren die zur Arbeit
an den Landwehren aufgebotenen nach dietmarschern Landrecht 5 ) und jedenfalls
auch anderwärts genossen.
3. So stark der Herf'riede entwickelt war, so hat er doch nicht sichtlich krie
gerische Schutzstätten geschaffen. Dagegen giengen aus dem Dingfrieden gefreite
Orte hervor.
Der Dingfriede ist die höhere Unverletzlichkeit des zu Rat und Recht ver
sammelten Volkes, mag es nun als Gemeine oder Gau- oder Landesversammlung
tagen- Die von Tacitus erwähnte priesterliehe Zucht des Volksdinges (german. 11)
deutet auf religiöse Weihe hin, wofür auch der nordgermanische Gerichtsgott Foseti
zeugt, der aus der rechtlichen Eigenschaft eines der grossen Götter entsprungen sein
wird. Schutz und Leitung der wichtigen Angelegenheiten des einzelnen und der Ge-
samrntheit gab der fromme Sinn der heidnischen Germanen in die göttliche Hand,
sowie sich bis in die Gegenwart der gottesdienstliche Anfang der Landtage erhielt,
wenn auch an die Stelle des zuchtübenden Priesters das Wort des Vorsitzers getreten ist.
') Tacit, germ. c. 7. — deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. ef'figiesque et signa
quaedam detracta lucis in proelium fertint.
2 ) 1. Sal. LXIII. (emend. 64, 1). 1. Saxon. XXXVII. 1. Fris. XVII, 1.— 1. Alam. 26.
1. Uajuv. II, 4.
3 ) v. Richthofen im altfries. Wörter!). 816.
4 ) v. Richthofen fries. Rechtsquellen 70. Anm.
5 ) Landr. von 1447. § 63. von 1539. Art. 89.