Full text: (Band XII.)

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men, dass kein Mann für gross gehalten wird auf irgend einem Gebiete, der nicht, 
was er ist und hat, in Beziehung stellt zum Vaterlande, 
Wir werden die politische Beziehung in dem italienischen Dantefest ganz von 
selbst vor unsern Augen entstehn sehen, wenn wir nun zum Schluss die Frage zu 
beantworten suchen : was ist es, was Dante geleistet hat; was ist es, wodurch er so 
einzig dasteht ? 
Dass Dante für Italien eine besondere Bedeutung hat, ist gewiss; aber dann 
hat er auch eine allgemeine Bedeutung für die Menschheit; denn jeder grosse Dichter 
ist ein Hierophant der Menschheit. 
Aber wir haben auch Ursache, das, was Italien speciell betrifft, auf ganz 
Europa zu beziehen; denn Italien ist das Land, das drei Mal Europa unterwarf, das 
erste Mal durch die Waffen (das alte Rom), das zweite Mal durch den Glauben (die 
katholische Kirche), das dritte Mal durch das Antike (das Wiederaufleben der Wissen 
schaften). In diesem dritten Stadium steht Dante so zu sagen an der Spitze. 
Man kann sich Dante’s Bedeutung unter 3 Gesichtspunkten veranschaulichen. 
Er ist erstens für Italien der Repräsentant ihrer nationalen Idee 5 es ist die 
politische That des heutigen Italiens die Verkörperung der Ideen Dante’s. Die An 
hänger des Papstthums im 13. und 14. Jahrhundert wussten wohl, was sie an dem 
lebenden Dante zu hassen und von dem Geiste des todten zu fürchten hatten. Wie 
Luther erfüllten Dante die Verderbnisse der katholischen Kirche mit Schauder und er 
schleuderte seinen Fluch auf die weltliche Macht der Päpste, als die Quelle ihrer Hab 
sucht und Sittenlosigkeit. Im 27. Gesang des Paradieses V. 22—28 lässt Dante Petrum 
von Bonifacius sagen : 
„Der meines Stuhls sich anmasst dort auf Erden, 
Des Stuhls, auf dem kein Hirt jetzt wacht, 
Vor Christi Blick, zum Schutze seiner Heerden, 
Hat meine Grabstätt zum Cloak gemacht, 
Von Blut und Stank ; 
(fatto ha del cimeterio viio cloaca 
del sangue e della puzza.) 
Nach Dante sollte der Papst aller weltlichen Macht entsagen. Damit hing unmittelbar 
wie durch eine logische Nothwendigkeit zusammen seine Sehnsucht nach politischer 
Einheit Italiens, sein Kaiserideal. Seine Worte, als Heinrich VII. nach Italien zog, 
lauten: „Jetzt freue dich, Italien, du mitleidwerthes Land, bald wirst du von der 
ganzen Welt beneidet werden, denn dein Bräutigam, der die Freude der Welt und 
die Glorie deines Volkes ist, der erlauchte Cäsar, beeilt sich zu deiner Hochzeit zu 
kommen. Trockne, o Schönste, deine Thränen und thue ab die Spuren deiner Trau 
rigkeit; denn er ist nahe, der dich befreien wird aus dem Kerker des Bösen; er wird 
die Verräther schlagen und sie verdammen mit der Schneide seines Schwerdtes und
	        
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