Full text: (Band XII.)

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Durch die Verbannung reifte Dante zu seiner ganzen Höh’ hinan; es ist aber 
nothwendig, einen Augenblick auf die damalige politische Lage Italiens und besonders 
der Stadt Florenz zurückzugehn. 
Die Zeit, in Aveleher Dante lebte, war eine der unruhigsten, die wir kennen, 
denn ganz Italien ward unaufhörlich durch die Zwistigkeiten der Päpste und Kaiser 
zerrissen. Die, welche für den Papst Partei nahmen, nannten sich Welfen, die kaiser 
lich Gesinnten Ghibellinen. Dante gehörte von Geburt zu den Guelfen. Schon als 
junger Mann trug er die Waffen in einem Feldzuge, den die Guelfen von Florenz 
gegen die Ghibellinen von Arezzo unternahmen und das Jahr darauf kämpfte er 
gegen Pisa. Die guelfische Partei hatte in Florenz die Obermacht, war aber durch 
Familienverhältnisse selbst wieder in 2 Parteien zerfallen, in die sogenannten Schwar 
zen und Weissen, i neri et i bianchi. Dante, der Familie der Schwarzen angehörig, 
wurde zu einem der Prioren der Stadt ernannt. Er wurde aber den Schwarzen ver 
dächtig, weil sie glaubten, dass er im Herzen mehr für die Weissen sei und diess 
war auch der Fall, weil er sie für gerechter hielt. Die Schwarzen warteten auf einen 
Augenblick der Rache und der kam bald. Als die Zeit des Priorenamts abgelaufen 
war, sandte man ihn an den Papst Bonifacius VIII., um diesen zu bewegen, als Ver 
mittler und Versöhner die inneren Unruhen in Florenz beizulegen. Der Papst hatte 
eine Vorliebe für die Schwarzen, weil das Gerücht ging, dass unter den Weissen im 
Stillen ein ghibellinischer Geist sich ausbreite; er suchte daher ein Mittel, die andre 
Partei niederzudrücken und diess gelang ihm bald nach Wunsch. Dante befand sich 
noch in Rom, als Carl von Valois, der Bruder Philipp des Schönen von Frankreich, 
auf Bonifacius Wunsch mit einer bedeutenden Kriegsmacht in Florenz einzog, unter 
dem Scheine, zu versöhnen, aber mit der Absicht, die Weissen zu unterdrücken. 
Diesen Augenblick wählten auch die Schwarzen, um Dante’s Haus zu stürmen, es 
zu plündern und dem Feuer Preis zu geben. Dabei blieben sie nicht stehn, sondern 
forderten Dante vor Gericht und da er nicht schnell genug der Vorladung Folge 
leistete, wurde er verbannt und seiner Güter beraubt. Dante mit den andern ver 
triebenen Weissen machte bald darauf, aber vergebens, den Versuch, die Stadt 
Florenz mit Gewalt einzunehmen, was nur ein noch schärferes Urtheil gegen ihn zur 
Folge hatte. 
So zo<r er in die Verbannung, von Stadt zu Stadt wandernd und wie er sagt, 
kostend, wie salzig fremdes Brod schmeckt und wie hart die Mühe ist, herauf- und 
herabzusteigen auf fremden Treppen (provando, come sa di sale il pane altrui e 
corn’e duro calle lo scendere e salir per 1 altrui scale). Jetzt aber wurde er mit 
Leib und Seele Ghibelline; jetzt entstand in ihm die Ueberzeugung von der Noth- 
wendigkeit der monarchischen Form, die er in seiner Schrift de monarchia dargelegt 
hat, jetzt die Sehnsucht nach italienischer Einheit, jetzt die Sehnsucht nach dem 
Kaiser, Italien zu befreien, jetzt seine Genesung zum bessern Leben, die vita nuova.
	        
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