Full text: (Band XII.)

Ebenso scheint es uns, dass Mohl 1 ) unnöthig diese Zahl vergrössert, wenn er 
folgende Kreise unterscheidet; den einzelnen Menschen, die Familie, den Stamm, die 
Gesellschaft, den Staat und die Staatenverbindungen. Da der einzelne Mensch Glied 
aller Kreise in vielfacher Beziehung ist, so würden auch, wenn man Stämme und Völ 
ker als die natürliche Grundlage der Staaten anerkennt, nur die drei Gebiete der 
Familie, des Staates und der allgemeinen menschlichen Gesellschaft nachhleiben, da 
die Staatenverbindungen nicht als etwas Besonderes gelten können. 
Neben dem Staat noch eine allgemeine Gesellschaftsform anzuerkennen, dazu 
ist man von zwei Seiten bestimmt worden. Der eine Grund liegt in dem Interesse 
an dem bürgerlichen Leben, der andere in dem Interesse an dem religiösen und dem 
geistigen Leben. 
Die Forderung, dass man neben dem Staate anerkennen müsse die Gesellschaft 
wie sie ohne Beisatz genannt Avird, geht von den Communisten und den Socialisten 
aus. Ihre Berechtigung ist aber auch allgemein namentlich auch in Deutschland an 
erkannt worden. 
Die Forderung geht im Wesentlichen auf Freiheit des gewerblichen und wirth- 
schaftlichen Lebens vom Staatszwange. Der Staat soll anerkennen, dass dieses Leben 
neben ihm stehe und er dasselbe nicht durch seine Mittel befriedigen kann. Er soll 
daher gewähren, dass dieses Leben sich selbst gestaltet und nach seinen eigenen Gesetzen 
sich vollzieht. Dasselbe ist nicht in den Staatsgrenzen eingeschlossen und geht auch 
darüber hinaus. Dies s. g. sociale Leben schlechthin verbindet die Völker miteinan 
der trotz ihrer staatlichen Begrenzung. 
Mit dieser Forderung steht Fichte's geschlossener Handelsstaat im Wider 
spruch. Fichte 2 ) wollte, dass das gesammte Güterleben des Volkes in dem Staat 
abgeschlossen werde und aller Verkehr nach Aussen untersagt sein sollte. Der Staat 
soll das sociale Leben ganz leiten, die Normen und Ordnungen dafür vorschreiben 
und handhaben. Aller Verkehr mit anderen Völker soll nur durch den Staat selbst 
geleitet werden. In diesem Falle würde es neben dem Staate keine s. g. Gesellschaft 
ohne Beisatz geben. Staat und Gesellschaft würden sich decken und zusammenfallen, 
Avoraus ohne Zweifel eine Despotie der schlimmsten Art entstehen Avürde. Gegen 
diese Despotie ist die Forderung gerichtet auf Anerkennung der Gesellschaft neben 
dem Staate. Was der Staat aber so neben sich anzuerkennen hat, muss er auch als 
ein Recht setzen, als ein Recht der freien Bewegung in dem Güterleben und dem 
Verkehr der Völker untereinander. 
Auf der andern Seite tritt dieselbe Forderung hervor in der Anerkennung der 
Kirche neben dem Staate, wodurch die christlichen Völker die Allgewalt des Staates 
’) R. v. Mohl, Enoyklopädie der Staatswissenschaften. 1859. S. 3—42. 
2 ) a. a. 0. der geschlossene Hsmdelsstaat.
	        
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