Full text: (Band VIII.)

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Heiligthums von Jerusalem aufgenommen wurden, sondern wird sogar auch im Talmud 
bestätigt, obwohl die tahnudischen Gesetzeslehrer den besondern Zeitverhältnissen, 
unter welchen der ägyptische Tempel entstanden war, leicht weniger Rechnung 
tragen konnten, und darum zuweilen auch weniger günstige Urtheile über denselben 
fällten. Theils nämlich sieht auch der Talmud in seiner Erbauung eine Erfüllung 
von Jes. 19, 19. vgl. S. 52. Not. 1., theils enthalten einige specielle Bestimmungen des 
Talmud über den Tempel des Onias augenscheinlich eine Anerkennung desselben. 
Die alte Mischna sagt Menach. 109 a.: Sacerdotes, qui ministrarunt in templo Oniae, 
non ministrabunt in templo Hierosolymitano; nec opus est, ut praeterea quidquam 
dicamus, nain sicut scriptum est (2 Kon. 23, 9): „ tarnen non ascendebant sacerdotes 
excelsorum ad altare domini Hierosolymis, sed comedebant azymum in medio fratrum 
suorum.“ Ecce illi sunt instar eorum, qui vitio corporis laborant, partem suam 
accipiunt et comedunt, sed non offerunt. Ferner: Quicunque dixerit: voveo ego 
holocaustum, offerat illud in templo Hierosolymitano; sique olferat illud in templo 
Oniae, non praestat Votum. Si vero dicat: voveo ego holocaustufn, offerendum in 
Templo Oniae, offerat in templo Hierosolym., quod si offerat in templo Oniae, 
präestat officium suum. Si quis dicat: voveo naziraeatum, tondeatur in templo Hiero 
solym., si vero tondeatur in templo Oniae, non praestat officium suum. At si 
dicat, voveo naziraeatum, ut tondear in templo Oniae, et tondeatur ibi, praestat. 
Dem entsprechend heisst 1 ) es in der Gemara zu Aboda zara c. 4.: domum Oniae 
non fuisse templum cultus idololatrici! Wenn aber R. Köstlin theol. Jahrb. 1854. 
S. 388. der Behauptung von Dr. Delitzsch Glauben schenkend, dass der Tempel 
in Leontopolis selbst in Aegypten nie zu rechtem Ansehn gelangt sei, annimmt, 
der Brief an die Hebräer sei zwar an die alexandrinischen Judenchristen ge 
richtet, gleichwohl aber sei 9, 1 ff. der Tempel in Jerusalem zu verstehen, so 
ist diese Ansicht jedenfalls zu verwerfen. Denn die Leser unsers Briefs sind 
wegen der Vorliebe für den jüdischen Tempel- und Opfercultus, welche sich bei 
Einigen unter ihnen findet und welche dem Gedeihen der ganzen Gemeine Gefahr 
droht, jedenfalls in der Nähe eines jüdischen Tempels zu suchen und wenn bei 
») Ohne eine solche Beschränkung von Seiten der Palästinenser hätte jedes Gelübde und 
jedes Nasiräat eines Juden auch ausserhalb Aegypten — in Aegypten verstand sich natürlich zu 
nächst der ägyptische Tempel — in dem letztem gelöst werden können, was der Natur der Sache 
nach dem altberühmten und altheiligen Tempel in Jerusalem nicht zugemuthet werden konnte. Die 
jüdischen Schriftsteller Graetz und Jost geben leicht zu viel auf ihren Talmud, vgl. indess auch 
letztem a. a. O. I. S. 118 ff. Wie störend den blinden Anhängern des jerusalemischen Tempels der 
Umstand war, dass der Erbauer des ägyptischen Tempels Onias eigentlich zum Hohepriesterthume 
an jenem berechtigt gewesen wäre, sjeht man aus den über diesen Onias berichteten Sagen Menach. 
109 b., durch welche dieser als eines solchen Amtes nicht würdig dargestellt werden soll, vgl. Graetz 
a. a. O. III. S. 39. Cassel, de templo Oniae an dem S. 52. Not. erwähnten Orte S. 13 ff., welcher 
ebendas. S. 32 ff. auch de splendore et gloria templi Oniae handelt.
	        
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