Full text: (Band VIII.)

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könne, so würde dies schon aus dein im Obigen bereits hinreichend gegebenen 
Nachweise folgen, dass die Leser unsers Briefs in Aegyten zu suchen sind. Und 
jedenfalls kann der Tempel in Leontopolis nach der 9, 1. ff. gegebenen Beschreibung 
mindestens eben so gut gemeint sein als der Tempel in Jerusalem. Wie es sich 
daher auch um die Richtigkeit der folgenden archäologischen Untersuchung verhalten 
mag, unser Resultat über die Leser kann dadurch nicht umgestossen, sondern höch 
stens bestätigt und damit zugleich von dem Verfasser der Vorwurf einer unglaublichen 
Unkunde des Tempels und Tempelcultus, über welche er lehrend auftritt, entfernt 
werden. 
Folgendes ist von Delitzsch und Lünemann gegen die von mir aufgestellte 
Behauptung eingewandt. 1) Nach der 9, 1 ff. gegebenen Beschreibung könne aller 
dings der damalige Tempel in Jerusalem nicht gemeint sein, es sei aber überhaupt 
kein damals bestehendes jüdisches Heiligthum gemeint, sondern die mosaische 
Stiftshütte, so dass aus jener Stelle auf den Ort der Leser überhaupt nicht geschlossen 
werden könne. Dass nicht die mosaische Stiftshütte, sondern ein damals beste 
hendes jüdisches Heiligthum, und zwar höchst wahrscheinlich grade auch nicht der 
Tempel in Jerusalem, zu verstehen ist, haben wir bereits S. 36 ff. gesehen. Bleek 
Comment. I. S. 386 ff. steht insofern auf meiner Seite, als er die Beschreibung des 
Heiligthums und seines Cultus, welche er, ausgehend von seiner Hypothese von 
palästinensischen Lesern, für irrig halten muss, eher von der Vermuthung aus glaubt 
verstehen zu können, dass der Verfasser, welchem als alexandrinischen Juden das 
ägyptische Heiligthum besser als das palästinensische bekannt gewesen sei, bei seiner 
Beschreibung des letztem den Tempel in Leontopolis vor Augen gehabt haben möge, 
eine Vermuthung, welche Lünemann Commt. S. 27. höchstens zugeben will. Wie viel 
näher liegt aber dann doch die Vermuthung, dass er den Tempel von Leontopolis selber 
beschrieben hat, so dass wir aus den betreffenden Stellen vor Allem auf die Leser 
und in zweiter Linie auf den Verfasser zu schliessen haben. 2) Der lempel in 
Leontopolis und sein Cultus wären für die ägyptischen, namentlich für die alexandri 
nischen Juden nie zu rechtem Ansehn gelangt und hätten daher zu wenig Anziehungs 
kraft gehabt, als dass sie in unserm Briefe verstanden werden könnten. Diese Fol 
gerung n\üssen wir beanstanden, weil ihre Prämisse in dem Sinne, wie sie aufgestellt 
wird, geschichtlich ganz unerweisbar *) ist. Letztere beruht, wie es scheint, 
i) Wenn Delitzsch a. a. O. S. 281 sagt, dass der ägyptische Tempel nur ein missdeutetes 
Wort Gottes für sich hatte, so ist dies eine Frage, die wir hier gar nicht zu erörtern haben, da es 
sich um unsere Meinung über die Schriftmässigkeit jenes Tempels nicht handelt, sondern nur um 
die Ansicht der jüdischen Zeitgenossen und namentlich in Aegypten selber, und es keinem 
Zweifel unterliegt, dass nicht bloss die ägyptischen, sondern auch viele der palästinensischen Juden 
in der Erbauung jenes Tempels nichts Schriftwidriges fänden, weil er bei ihnen sonst nicht diese 
Anerkennung hätte finden können. Auch berichtet der palästinensische Jude Josephus nicht 
bloss, dass der Erbauer Onias sich auf den prophetischen Ausspruch Jes. 19, 19. berufen habe,
	        
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