Full text: (Band VI.)

macht, als vielmehr die weltgebietende Macht des römischen Kaiserreichs und seiner 
mittelalterlichen Nachbildung. Aber dennoch hat auch jetzt der Name sich von dem 
Wesen dessen, der ihn zuerst berühmt machte, nicht ganz entfernt. Alle Caesaren 
oder Kaiser haben hinfort ihren Stolz in die Beherrschung vieler verschiedenartiger 
Völker, in das Zuzammenhalten ausgedehnter Reiche, den Befehl über bunte, vielzüngige 
Söldnerschaaren gesetzt. Wie Caesar vor allem als .Feldherr gross war, so hat auch 
der Kaisername einen kriegerischen Klang, und die Geschichte wenigstens bestätigt 
das oft erwähnte Wort nicht, dass das Kaiserreich der Friede sei. Wie Caesar sei 
nen Thron nicht ererbte , sondern eroberte , so ist der Kaisername , wenn gleich in 
einigen grossen Reichen stehend geworden, doch ein besonders beliebter für eroberte 
Throne, welche königliche zu nennen eine gewisse Scheu obwaltet. Nur in einer 
Beziehung hat sich das neuere Kaiserthum von den Tendenzen des ersten grossen 
Caesar gänzlich entfernt. Das Verhältniss des Kaisers zur Kirche, jener mittelalter 
liche Heiligenschein, der sich um den Kaisernamen gebreitet hat, findet keinerlei 
Analogie in C. Julius Caesar, der, weit entfernt in religiösen Institute® eine Stütze 
zu suchen, vielmehr seine Macht auf jene' griechisch-römische Geistesbildung gründete, 
welche eben zu seiner Zeit ihre Blüthe erreicht hatte. 
Uralt, echt germanisch, und eben deshalb uns Deutschen mit den zunächst 
verwandten Völkern gemeinsam ist der Name König. Nehmen die Kaiser in der 
jetzigen Rangordnung die erste Stelle ein, so hat doch der Name König seine beson 
dere Weihe sich zu bewahren gewusst. Niemand wird in dem Sinne, in welchem 
wir von dem König der Könige reden , von einem Kaiser der Kaiser sprechen. Die 
Bibel nach Luthers Uebersetzung kennt den Kaiser nur als den, dem der Zinsgroschen 
gebührt, während die Heiligkeit und Unverletzlichkeit der Obrigkeit vorzugsweise an 
den Namen König sich knüpft. Und damit übereinstimmend hat die neuere Staats 
lehre diesen Namen immer mit Vorliebe hervorgezogen, wo es galt das Recht und 
die Macht des Staatsoberhauptes recht nachdrücklich zu betonen und zu dem Wfichsel 
der im Laufe drangvoller Ereignisse auftauehenden und wieder versinkenden Ge 
walten in einen Gegensatz zu stellen. Gewiss nicht zufällig. Denn Jahrtausende lang 
behaupten die unsrer Muttersprache ursprünglich eignen Wörter den Vorrang vor 
allen fremden Eindringlingen, denen, mögen sie durch* Convention eine noch so hohe 
Geltung gewinnen , immer etwas von jenem edlen Rost abgeht, mit welchem echt 
volkstümliche, von unvordenklichen Zeiten her. überlieferte Wörter überzogen sind, 
ln diesem alten Herrschernamen König würden wir daher sehr geneigt sein eine 
tiefere Bedeutung zu suchen. Und in der That ist das neuerdino-g in einer immerhin 
sinnreichen Weise von einem geistvollen englischen Historiker versucht. Thomas 
Carlyle leitet das Wort König von können ab, es bedeutet ihm den könnenden, viel 
vermögenden, und in diesem Sinne nennt er alle grossen Männer der Geschichte, für 
die er eine Heldenverehrung in Anspruch nimmt, Könige. Leider aber ist diese
	        
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