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B. Rectoratsbericht vom 5. März 1858 bis 5. März 1860.
In der für das Jahr 1858 veröffentlichten Chronik der Universität ist der Rectoratsbericht
meines Herrn Vorgängers ausgefallen. Ich erlaube mir die wichtigeren Ereignisse des Jahres 1858/59
dem Berichte über das jüngstverflossene Jahr hinzuzufügen.
Auch wenn in dem vom Rector, und in ähnlicher Weise in dem von jedem ordentlichen Pro
fessor beim Amtsantritte zu leistenden Eide (quod Academiae hujus Kiloniensis Dignitatem, Jura,
Privilegia et Statuta pro virili observare velim) nicht eine besondere Verpflichtung auferlegt wäre,
so müsste es schon die Folge eines natürlichen Pflichtgefühles sein, dass das Consistorium als Ver
tretung der Universität die in beiden verflossenen Jahren gebotenen Gelegenheiten benutzte, um in
ausführlichen Denkschriften die wesentlichsten Uebelstände, welche dem Gedeihen der Universität
\ hinderlich sind, öffentlich darzulegcn und die Landesvertretungen der Herzogthümer Schleswig und
Holstein zu bitten, den Wünschen der Universität durch Befürwortung derselben Gewicht zu
verleihen.
Da jene beiden Denkschriften, so wie die Bemerkungen und Bedenken der Stände über die
selben durch den Abdruck in den Ständezeitungen beziehlich der Ständeversammlung für das Her-
Herzogthum Holstein vom Jahre 1859 und der Ständeversammlung für das Herzogthum Schleswig
vom Jahre I860 hinlänglich bekannt geworden sind, so darf hier von einer Wiederholung abge
sehen werden.
Dagegen wird es geziemend sein die Hoffnung auszusprechen, dass die gewissenhafte, ruhige
Erörterung deren sich das Consistorium in jenen Denkschriften befleissiget hat, die Zustimmung,
welche diesen Erörterungen in beiden Ständeversammlungen zu Theil geworden ist, zum Besten der
Universität dienen, und namentlich auch die Ueberzeugung sich nachdrücklich Geltung verschaffen
werde: dass es der Universität bei der unumwundenen Darlegung ihrer Beschwerdepunkte nur
darum zn thun war, die Freiheit und Würde der Wissenschaft zu fördern.
In dem Lehrerpersonal der Universität sind keine bedeutenden Aenderungen in den letzten
beiden Jahren vorgekommen. Die theologische Facultät ist dieselbe geblieben, sie besteht aus 4
ordentlichen Professoren. In der juristischen Facultät ist die fünfte ordentliche Professur, für das
Schleswigsche Recht bestimmt, noch immer unbesetzt. Seit Michaelis 1859 hat sich der juristischen
Facultät als Privatdocent der Dr. Seestem-Pauly angeschlossen und hält derselbe Vorträge über rö
misches Recht. Die Facultät zählt 4 ordentliche Professoren, 1 aussordentliehen Professor und 4
Privatdocenten.
Die medicinische Facultät hatte durch den Tod des Etatsraths Prof. Dr. Gütz im Jahr 1858
einen schmerzlichen Verlust erlitten (siehe Chronik f. d. J. 1858, S. 89). Die interimistische Leitung
der Klinik wurde dem Privatdocenten Dr. Bartels anvertraüt und derselbe unterm 23. Mai 1859
definitiv zum Nachfolger von Prof. Götz, und zwar als ordentlicher Professor in der medicinischen
Facultät und Director des akademischen Krankenhauses ernannt. Der Physikus und Privatdocent
Dr. 11. Schwartz verliess zu Ostern 1859 die hiesige Universität in Folge der ehrenvollen Berufung
nach Marburg zu der ordentlichen Professur der Geburtshülfe und der Direction der geburtshülf-
lichen Klinik. Ebenso folgte der bisherige Prosector und Privatdocent Dr. Claudius dem an ihn
ergangenen ehrenvollen Rufe nach Marburg als ordentlicher Professor der Anatomie Als Privat
docenten habilitirteu sich bei der medicinischen Facultät die Doetorcn lütter, Seeger, JJokm und
Hensen. Dr. Ritter hält Vorträge über Pathologie und Ophthalmalogie seit Ostern 1859; die Doc-
toren Seeger, Dohm und Hensen beginnen erst im Jahre 1860 ihre Vorträge. An der Facultät lehren
dann 5 ordentliche, 2 ausserordentliche Professoren und 7 Privatdocenten.