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Nachher hat R. den Text Ciceros mit dem erwähnten Programm und einem ausführlichen Commentar
herausgegeben. Möller setzt diese Ausgabe irrig ins Jahr 1661, ich habe eine Amsterdamer Aus
gabe von 1680 vor mir, aber dies muss wenigstens die zweite sein, obgleich es nicht auf dem Titel
bemerkt ist. Sie ist gewidmet an die drei Kielmannsehen Söhne; R. sagt, er habe die Ausgabe
schon in Helmstädt besorgen wollen. In der Dedication widerlegt er einige Einwürfe, die der Kieler
Universität von Aristius gemacht seien, und behauptet, der Aufenthalt sei nicht theuer, die Salare
würden von dem Bordesholmer Verwalter regelmässig bezahlt, es sei unwahr, dass unter den Stn-
direnden Unruhen und Schlägereien vorherrschten. Allerdings sei ein Jüngling im Duell*) geblie
ben, aber dies Unglück komme auch auf andern deutschen Universitäten vor. Dann sei ausserdem
einer durch eigne Schuld umgekommen. Falsch sei die Beschuldigung, dass Kiels Lage ungesund
sei, deshalb sei kein Grund, die Universität zu verlegen, wie einige gewollt. Die Prolegomena zu
der Ausgabe von Cicero de officiis beschäftigen sich mit dem Begriff des honestum; R. verwirft den
Begriff des jus naturae der Römischen Juristen, womach auch die Thiere eine Kenntniss des Rechts
haben sollen. In den Anmerkungen, die zum Theil in Graevius Amsterdamer Ausgabe von 1688
aufgenommen sind, werden manche juristische Fragmente aus Justinians Pandekten zur Erklärung
benutzt, z. B. lib. 3, c. 14, 17 über dolus, bona fides etc. Rachels dissertt. de jure naturae et
gentium Kilonii 1676 hat Ompteda in seiner Literatur des Völkerrechts, Th. 1, § 73, S. 276—283
ausführlich behandelt und wohl zu sehr gelobt; Rachel hat nach Ompteda gegen Sam. P uffen-
dorfs Ansicht zuerst das Völkerrecht gehörig vom Naturrecht gesondert. Im Jahr 1681 erschienen
Rachels institutiones jurisprudentiae, er legt allgemeine Grundsätze zum Grunde und sucht damit
die Römischen Rechtssätze zu verbinden, wobei die von dem Franzos. Systematiker Do mat besser
durchgeführte Unterscheidung in arbitraire und rationell begründete Sätze nicht unberücksichtigt
geblieben ist. Dass Rachel als dingliche Rechte Eigenthum, Besitz, Servituten, Pfandrecht und
Erbrecht aufstellt, kann nicht befremden, wenn man weiss, dass über die Frage, welche Rechte als
dingliche anzusehen seien, früher und zum Theil noch jetzt sehr verschiedene Ansichten herrschten.
Rachel gab 1662 und 1664 mehrere dissert, de principiis actionum moralium, und 1664 die schon
1652 gedruckte lateinische Uebersetzung de) - Briete Pascals mit einem examen probabilitatis
heraus.
Sind nun auch keine grosse die Wissenschaft fördernde Werke unter Rs. Schriften, so müssen
wir uns doch wundern, wie er bei seinem unruhigen Wanderleben, bei seiner politischen Eingenonl-
menheit so viel hat arbeiten können. Nach seinen Schriften darf man annehmen* dass seine Wirk
samkeit auf seine Zuhörer nicht gering war; die vielseitigen Kenntnisse, welche ihm zu Gebote
standen, die Leichtigkeit und selbst die scharfe und sarkastische Art der Darstellung wird auf dem
Katheder gewiss von bedeutendem Einfluss dewesen sein.
Ich weiss nicht, ob der Landkanzler Christ? Ludw. Rachel, von dem einige bei der Er
öffnung des Landgerichts 1765 bis 1769 gehaltene Reden gedruckt sind, ein Verwandter unsers
S. Rachel war. Das Landgericht ward seit der Anordnung vom 23. und 27. März 1711 gesondert
für die gemeinschaftlichen I )istricte Holsteins und Schleswigs gehalten. Das Holsteinische Land
gericht soll nach einer Anordnung von 1768 22. August abwechselnd das eine Jahr in einer König!.
Stadt, das andere in einer Herzoglichen gehalten werden; im Jahr 1774 ward es nach Glückstadt
verlegt. Während der gemeinsamen Regierung vergingen oft mehrere Jahre, in denen kein Land
gericht statt fand, weil dazu eine einstimmige Verfügung von beiden Landesherren nötliig war.
*) Vielleicht denkt K. an ein Duell, über welches im Januar 1668 eine Untersuchung begann, in welchem ein Herr
Bucholts gefallen war.