Full text: (Band IV.)

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betrachtet, die Universitäten also für blosse Unterrichtsanstalten, oder etwa gar für 
Yorbereitungsanstalten für gewisse Berufsarten gehalten werden. Freilich musste die 
ganze Entwickelung des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens, musste die Con 
centration der verschiedenen Bestrebungen und Thätigkeiten auf die Einheit des 
Staatszweckes, wodurch sich die neuere Zeit von den vorangehenden Jahrhunderten 
unterscheidet, das Band zwischen der Universität und den Zwecken der bürgerlichen 
Ordnung fester knüpfen, und damit die eine Seite im Universitätswesen, der Unter 
richt, mehr in den Vordergrund treten. Und wer wollte nicht eine hohe und grosse 
Aufgabe der Universitäten darin erkennen, dass sie die reifere Jugend auf die 
Berufsarten vorbereiten sollen, welche die entwickeltsten und geübtesten Geisteskräfte, 
die stärksten und durchgebildetsten Charaktere fordern? Aber dennoch hiesse es die 
Stellung dieser ehrwürdigen Stiftungen verkennen, wollten wir ihnen kein höheres 
Ziel stecken, und wo, wie es in einzelnen Staaten geschehen ist, die Universitäten 
von Staats wegen bloss mit Rücksicht auf diese nächsten, praktischen Zwecke ge 
ordnet sind, wo man ihren Charakter als Körperschaften mit eigenthümlichem Leben 
gänzlich verkannt hat, da ist in kurzer Zeit eine Verknöcherung der Wissenschaft 
und ein trockner Schulpedantismus die Folge gewesen, in welchem die edleren Triebe 
wissenschaftlichen Strebens alsbald erstickt und abgestorben sind. Wahrhafter Segen 
entspringt nur bei freier Entfaltung der mannichfaltigsten wissenschaftlichen Bestre 
bungen, bei denen die Frage nach dem unmittelbaren Nutzen, nach der augenblick 
lichen Anwendung eine durchaus untergeordnete bleiben muss. Nichts gibt von der 
geistigen Dürre, welche als eine hoffentlich vorübergehende Erscheinung uns in unsrer 
Zeit auf eine oft erschreckende Weise entgegen tritt, einen traurigeren Beleg, als dass 
sich unter der Jugend selbst deutscher Universitäten der Wahn ausbreitet, durch 
blosses Abrichten, durch das Einüben gewisser Formeln, durch schülerhaftes Memoriren 
an der Hand von Handlangern der Wissenschaft könne ein echtes akademisches 
Studium ersetzt werden. Dass unsre deutschen Universitäten etwas anders sollen und 
immer gewollt haben, tritt schon deutlich genug in ihrer Gliederung hervor. Denn 
während die drei ersten Facultäten auf bestimmte Fächer hinweisen und damit ihre 
gewiss nicht gering zu achtende Bestimmung andeuten, den künftigen Dienern der 
Kirche und des Staates, den Hütern der körperlichen Wohlfahrt reichliche Mittel und 
Anregung zur Ausbildung für ihren Beruf zu gewähren, enthält der blosse Name der 
philosophischen Facultät in ihrer Verbindung mit den übrigen zu einer Universitas 
litterarum die dringende Mahnung jene praktischen Zwecke mit allem übrigen mensch 
lichen Forschen zu einem grossen Ganzen zu verbinden. Die philolophische Facultät 
unsrer Hochschule trägt sehr bezeichnend auf ihrem Siegel die Devise commune 
artium vinculum, gemeinsames Band der Wissenschaften. Ihr Gedeihen wird immer 
ein Hauptkennzeichen für den wissenschaftlichen Geist einer Universität, der Besuch 
der allgemein wissenschaftlichen Vorlesungen ein wichtiges Merkmal davon sein,
	        
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