Einleitung
In der französischen Epik des Mittelalters wird der Floovent-
Dichtung * 1 ) eine Sonderstellung zuerteilt. Sie gilt in der Forschung —
wenn auch nicht unbestritten — als das einzige der uns überkommenen
Epen, deren Wurzel nachweislich bis in die Tiefen der Merowinger-Epik
hinabführen. Es war Arsöne Darmesteter, der in seiner 1877 er
schienenen These de Doctorat: „De Floovante vetustiore poemate et de
merovingo cyclo . . .“ mit dieser Anschauung hervortrat.
Schon in der Prdface (S. VI f.) der Ausgabe des Floovant (vergl.
Anm. 1, 1 a) findet sich die Bemerkung, dass die in der Einleitung des
Epos geschilderte Episode — die Beschimpfung eines Vornehmen durch den
jugendlichen Helden, der jenen des Bartes beraubt — in einer in den
Einzelheiten, namentlich in der Charakteristik der handelnden Personen
vielfach abweichenden Form in den aus dem 9. oder 10. Jahrli. stammenden
Gesta Dagoberti (Mon. Germ. SS. rer. Merow. II; vergl. Stengel, Z. f. r.
Ph. II, 337 mit Gröbers Grundriss II, 1, S. 148) ebenfalls von dem jugend
lichen Merowingerprinzen Dagobert, dem Sohn Chlothars II, (er regierte
622—638) erzählt würde. Nach der Ansicht der Herausgeber der Chanson
sind nun die Gesta die Quelle der Dichtung, die demnach nur eine Be
arbeitung des Berichtes der Chronik ist. Sie ist ein Werk wahrscheinlich
des 12. Jahrhunderts — denn seit dieser Zeit wird ihrer in der epischen
Litteratur Erwähnung gethan. Trotz des Anscheins, den sie sich giebt,
enthält sie nichts, was wirklich den Titel „Merowinger-Epik“ verdiente.
Auf die Beziehungen zwischen Floovent und Gesta Dagoberti kam
Gaston Paris in jenem Abschnitt seiner „Histoire poet.iijue de Char-
lemagne“ Paris 1865 zurück, in welchem er sich über das Problem der
1) Wir können das EpoB aus fr/ , ndl. uud ital. Texten. Im Einzelnen ist die
Ueberlief 0ruu g die folgende:
1) i'rz. Texte;
a ' jr. le ziemlich vollständig erhaltene, in lothringisch gefärbtem Dialect ge
schriebene ^ f ° o v ant-Handschrift des 14. Jahrli , welche sich in Montpellier befindet.
Sie ist von Cruessard un( j Michelant in den ,A. p. d. 1. Fr.‘ Band I. Paris 1858|59 heraus
gegeben. (>• v - M. = Text von Montpellier.)
b) , L aus d-etn Kloster Tennenbach bei Freiburg i. Br. stammende, je 96 Verse
enthaUende Iragmente einer gleich dem T. v. M. lothringischen F 1 o v a n t-Version,
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