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können. Nun aber stimmen doch sonst R. und T. K. in der Anzahl der
Motive ganz genau überein. Weshalb sollte also allein die Mambrino-
Episode das Schicksal getroffen haben, ausgestoßen zu werden? — Will
man also nicht zugeben, daß die Differenz zwischen R. und T. R. auf
die eben geschilderte Weise entstanden ist, dann bleibt nur noch die
andere Möglichkeit: R. und T. R. sind die Ausläufer von zwei selbständigen,
von einander unabhängigen, beide bis in die Entstehungszeit des Fior.
hinabreichenden Texten, die ihre frz. Quellen, in diesem Falle den Beuve,
verschieden ausgebeutet haben.
Noch eine andere Abweichung der R. vom T. R. legt diese Annahme
von zwei selbständigen, in ihnen zu Worte kommenden Fior.-Yersionen
nahe. In den R. erfolgt die Vermählung Tibaldos mit der Uliana sofort
nach der Ankunft Fior.s am Hofe Fiorios und seiner Weigerung, die
Prinzessin zur Gattin zu nehmen; im T. R. dagegen wird sie hinter die
Gefangennahme des Helden und die Rückkehr Tibaldos nach Dardenna
verlegt. — Kann diesmal eine Version die Quelle der andern sein? Wir
wissen, daß das genannte Motiv nicht aus der frz. Dichtung stammt, son
dern daß erst die ital. Fassung es aus ganz bestimmten, früher aus ein
ander gesetzten Gründen erfunden hat. Das Schwanken zweier ital. Texte
in der Platzanweisung des neuen Motivs zeigt uns also die ital. Fassung
noch im Werden. Die beiden Texte verkörpern zwei selbständige Expe
rimente, des neuen Stoffes Herr zu werden.
Man müßte sich demnach die Entstehung des Fior. so vorstellen,
daß gleich von vornherein eine Melirzahl von Urversionen geschrieben
wurden, die in allen entscheidenden Momenten, welche der Gegensatz zum
Floovent und die Annäherung an den Beuve-Buovo bedingten, überein
stimmten, die in Einzelheiten aber doch selbständig vorgingen.
Die verlorene Version des Ms. XIII könnte demnach die Quelle
höchstens eines unserer Fior.-Texte sein. —
Enthalten nun auch die beiden uns hauptsächlich bekannten Fior.-
Versionen einzelne Abweichungen von einander, so stehen sie doch wieder
um beide, wie unsere Erörterungen über die Mambrino-Episode, über die
Pferdediebstahl- und Eremitenscene (S. 42 ff.) gezeigt haben, zur Buovo-
Version des P. tose, in besonders nahen Beziehungen.
Im P. tose, ist durch die Parallelen, welche es zu den genannten
Motiven der Fior.-Texte auf weist, das Verwandtschaftsverhältnis zwischen
Fior. und ßuovo zum vollendetsten Ausdruck erhoben. Doch wäre es
voreilig, hieraus schließen zu wollen, daß das P. tose, die ursprünglichste
Version des Buovo verkörpere, in der alle übrigen Texte wurzelten. In
der Buovo-Überlieferung sind die Zeugnisse für eine Mehrheit von gleich
berechtigten Urversionen noch zahlreicher als im Fior.
Das toskanische Gedicht und gleich ihm die Version der R. nennt
die Prinzessin, welche der Held in der Gefangenschaft kennen lernt,
Margarita, der T. ven. aber Malgaria. Man dürfte dieses Schwanken
der Buovo-Texte in der Benennung einer Persönlichkeit für willkürlich