Full text: Floovent-Studien

54 
Abschnitte seiner Handlung in Balda, im zweiten in Ascondia (Scandia) 
residiren. — Was zuerst den Namen Baume angeht, so hat bereits 
Paulin Paris in seiner Analyse des Gedichts (Hist, littör. 26, S. 4) in 
demselben eine epische Bezeichnung für Boheme, Böhmen, sehen wollen; 
wie mir scheint, mit vollem Recht. Diese Lokalisirung der Feinde in 
Böhmen würde vorzüglich mit der des Reiches Flores in Einklang stehen, 
das ja nach der einstimmigen Aussage aller Versionen in der Rhein 
gegend liegen muß. Allerdings wohnten in Böhmen niemals Sarazenen. 
Aber höchstwahrscheinlich haben auch die Sarazenen ursprünglich in der 
Dichtung gar nichts zu schaffen, und die geographischen Daten unserer 
Texte weisen auf eine weit frühere Entwicklungsstufe unserer Dichtung 
zurück als es selbst die durch xF verkörperte Form derselben ist, in welche 
bereits die Sarazenen ihren Einzug gehalten haben. Wenn ursprünglich 
das nördliche Frkch., die Rheingegend und Böhmen den Schauplatz der 
epischen Handlung bildeten, dann kann im Urfloovent — der also älter 
als xF sein muß; er ließe sich mit XF bezeichnen -— von Sarazenen 
noch nicht die Rede gewesen sein; dann muß die Bevölkerung Frkch.s 
und des benachbarten Deutschland die Basis für die Abenteuer Floovents 
gebildet haben; dann muß das Epos in einer Zeit entstanden sein, 
in der die Sarazenen noch nicht die typischen Feinde der Franzosen in 
der Dichtung waren. — Von hoher Altertümlichkeit des Epos zeugt auch 
der Umstand, daß die Hauptstadt des Königs von Frkeh., wo sie von 
wirklicher Bedeutung für die Handlung wird, d. h. im letzten Teil der 
Dichtung, nicht Paris, sondern Loon ist. Auch hier spiegelt sich im 
Epos noch eine sehr frühe Epoche französischer Geschichte, in der Paris 
noch nicht das unbestrittene Centrum des Landes war, wo vielmehr neben 
ihm noch andere Städte von gleicher Bedeutung für das Reich waren. 
Die wenigen Verse der Einleitung des T. v. M., aus denen man auf 
Paris als Hauptstadt schließen könnte, ließen sich der Dichtung leicht 
anfügen. 
Nur eine Erwägung könnte diese Anschauungen in Frage stellen: 
Die in den ital. Texten enthaltene Benennung für die Sarazenenstadt: 
Balda (=Bagdad l ) — bezeichnet tatsächlich eine Stadt des Orients, die man 
sich also sehr wohl als Sarazenenresidenz in einer Chanson-de-geste denken 
könnte. — Nun aber ist auch nach dem Fior. das Reich Fiorios in Über 
einstimmung mit den übrigen Texten am Rhein zu suchen. Vom Rhein 
bis Bagdad ist aber ein etwas weiter Sprung. In dieser räumlichen Ent 
fernung können die Reiche in der ursprünglichen Dichtung nicht von 
einander gelegen haben. So ist die Annahme wohlbegründet, daß man 
in Italien für Baume, das aus den importirten frz. Heldengedichten sonst 
nicht bekannt war, das bekanntere Balda einsetzte, zumal im Epos, wie 
man es aus Frkch. empfing, bereits von Sarazenen die Rede war. 
1) Vergl. Schwan-Behrens, Grammatik des Altfranzösischen, 5. Aufl. 
Lpzg. 1901, S. 94.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.