Full text: Floovent-Studien

kann auch das Motiv des zweiten Abschnittes, das offensichtlich dem des 
ersten sein Dasein verdankt, nicht ursprünglich sein. 
Was die vom T. v. M. und den ndl. Frgm. berichtete Mitgefangen 
schaft der zwölf Paladine betrifft, so steht sie in keinem ersichtlichen 
inneren Zusammenhang mit der eigentlichen Handlung. Ja, in der Art, 
wie der T. v. M. sie in seine Erzählung einfügt, läßt sich eine Gewalt 
samkeit nicht verkennen. Doch muß auch der Fior. jenen Zug gekannt 
haben, wie seine Erwähnung der Paladine zeigt. Wenn er sie nicht 
unter den Gefangenen, sondern unter den Befreiern anführt, so will er da 
mit vielleicht eine bewußte Korrektur der ihm von seiner frz. Vorlage 
gelieferten Fassung geben, indem er glaubt, in der von ihm gewählten 
Form die Pairs organischer in die Handlung zu verflechten. 
Noch einer anderen Gestalt muß xF in den Befreiungsscenen Er 
wähnung getan haben. Die ndl. Version erzählt von einem „guten Ere 
miten Lucari“ — er ist der Oheim Ritsiers —, der an der Befreiung des 
Helden, dann an der Entsetzung Lodines teilnimmt und vor dieser Stadt 
fällt. Daß wir in diesen Angaben nicht willkürliche Zusätze des ndl. Bear 
beiters sehen dürfen, zeigen die ital. Texte. Diese lassen in den Befreiungs 
kämpfen vor Mongirfalco einen 160-jährigen Greis, Ansoige, auftreten, der 
sich die „Blüte der Jungfräulichkeit erhalten“ hat, und dessen Seele, als 
er gefallen ist, von Engeln in den Himmel getragen wird; die R. nennen 
ihn direkt einen „santo romito“. Wenn auch der T. v. M. den Eremiten 
nicht kennt, so beweist doch seine Erhaltung in den beiden anderen Ver 
sionen hinreichend, daß er in xF seinen Platz gehabt hat. 
So läßt sich hinsichtlich der Befreiung des Helden aus den drei 
erhaltenen Versionen mit einiger Sicherheit die Fassung von xF er 
schließen. Die hauptsächlichsten Motive der Schilderung waren die fol 
genden: Fahrt Richiers zum Aufenthaltsort des gemeinsam mit den 12 Pairs 
gefangenen Helden, zur Sarazenenstadt, wie im T. v. M., oder einer in 
der Nähe derselben gelegenen Burg, wohin der Held mit der Sarazenen- 
Prinzessin auf einem unterirdischen Gange geflohen ist; Belagerung dieser 
Burg durch den Sarazenenkönig; Befreiung durch ein von Ricliier herbei 
geholtes Entsatzheer unter Flore, Richier, dem Eremiten, vielleicht auch 
Emelon, wie im ndl. Text. 
Die für xF erschlossene Form der Befreiung des Helden liegt nun 
auch der Schilderung der ersten Erlösung Fior.’s aus der Gefangenschaft 
zu Balda zu Grunde. Doch hat der Fior.-Dichter sich Abweichungen von 
seinem A orbild gestattet: er läßt den Riccieri, der ursprünglich die wich 
tigste Rolle unter den Befreiern spielt, die Gefangenschaft des Helden 
teilen; er streicht vor allem die Flucht mit Drugiolina nach einer be 
nachbarten Burg. Da in seiner Neubearbeitung des Gedichts der Held 
die Drugiolina noch nicht nach seiner ersten Befreiung in die Heimat 
führen soll, ist eine gemeinsame Flucht der beiden auch nicht von nöten. 
Zugleich vermeidet der Dichter so die Gefahr, sich in den beiden Be 
freiungsschilderungen allzusehr zu wiederholen. — 
Die Sarazenenhauptstadt, in welcher der Held gefangen gehalten wird, 
heißt im T. v. M. Baume. Der Fior. läßt die Sarazenenkönige im ersten
	        
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