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Es giebt Gründe, die dafür sprechen, daß die ursprüngliche Fassung
dem Umarbeiter bereits entgegen kam, daß er also das Motiv des von
Richier allein unternommenen Zuges zu den Sarazenen nicht aus der Luft
griff, daß er vielmehr nur in seiner Schilderung bereits in der Dichtung
Vorhandenes weiter ausbaute. — Es ist die ital. Fassung der Dichtung,
die zu diesem Gedanken Anlaß giebt; aus den inhaltlich zu wenig um
fangreichen ndl. Fragm. läßt sich hierfür nichts entnehmen.
Der Fior. erzählt, daß vor dem Heereszuge der Königin von Frkch.,
des Papstes und Riccieris nach Mongirfalco zur Befreiung des dort ein
geschlossenen Fior. bereits ein Spielmann, Lottieri (Leveri R.), der sich
erboten hatte, den Aufenthaltsort des Helden zu erkunden, vor der Burg
gewesen sei und dem Fior. heimlich eine Botschaft seiner Mutter über
bracht habe; er sei dann mit der von ihm gewonnenen Kunde nach
Frkch. zurückgekehrt und mit dem darauf zusammengebrachten Heere
wieder zur Befreiung Fior.’s ausgezogen.
Könnte nicht aus diesem Motiv einer dem allgemeinen Heereszuge
voraufgehenden Fahrt eines Einzelnen ins Sarazenenland, falls es aus xF
stammen und dort Richier zum Träger haben sollte, die Schilderung des
T. v. M. herausgewachsen sein ?
Von Lottieri hören wir außer seiner Tätigkeit zur Befreiung des
Helden noch, daß er vor dem Aufbruch des Heeres nach Ascondia die ihm
vor seiner ersten Fahrt zur Gattin versprochene Gräfin von Flandern
heiratet.
Von den Bemühungen eines Einzelnen zur Befreiung des gefan
genen Helden erzählt auch der erste Teil des Fior ; hier ist es Tibaldo,
der das Entsatzheer zusammenbringt und vor Balda führt. Auch er wird
außerdem, wie Lottieri, vor dem Aufbruch des Befreiungsheeres mit einer
Prinzessin — der Ulia — vermählt, die ihm bereits früher verlobt war.
Es ist ersichtlich, daß Tibaldo und Lottieri als Parallel-Figuren
gedacht sind.
Von Tibaldo wissen wir nun bereits (S. 47 f.), daß er in einem der
beidengenannten Motive den Richier vertritt: Seine Vermählung mit der Ulia
hat das Motiv der Verbindung Ricliiers und Floretes zu ersetzen. Daß
nun der Vereinigung Lottieris mit der Gräfin von Flandern dasselbe Motiv
der ursprünglichen Floovent-Dichtung zu Grunde liegt, das zeigen die für
das Paar erfundenen Namen, die mit Bezug auf die ursprünglich in der
frz. Fassung vorhandenen Bezeichnungen gewählt sind: F'landern allit-
terirt mit Florete; in anderer Weise sind die Namen Lottieri und
Riccieri Gegenstücke.
Es wurde vorher weiter gezeigt, wie Tierri, dessen Pendant
in der Fior.-Dichtung Tibaldo durch seine Vermählung mit einer der
beiden Prinzessinnen geworden war, außer Tierri dann auch dessen
Vater, Soibaut-Sinibald, für die Ausgestaltung der Rolle Tibaldos wie für
den ihm zugewiesenen Namen von Bedeutung wurden. — In gleicher
Weise könnte man aus einer gewissen Ähnlichkeit zwischen den
Namen Lottieri und Tierri folgern wollen, daß für die Bildung des
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