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fall Avenants tätlich verwundet ist, teilt er dem nach Floovant suchenden
Richier noch das Schicksal seines Freundes mit. — Direkt erfahren wir in
den ndl. Frgm. nichts von ihm. Da er aber wie im T. v. M. hier nicht
an der Befreiung des Helden teilnimmt, so scheint sich der ndl. Text auf
die Seite der frz. Version zu stellen.
Die Rolle Urhains ist kürzer als dieTibaldos; sie ist aber trotzdem
ursprünglicher.
In dem Motiv, daß Tibaldo das Heer zur Befreiung des in Balda
gefangenen Fior. zusammenbringt, ist ein Zug — die Teilnahme des
Vaters des Helden an der Heerfahrt — sicher eine Erfindung des Fior -
Dichters, wie schon auf S. 17 nachgewiesen ist. Das spricht nicht gerade
für die Ursprünglichkeit des ganzen Motivs im Zusammenhang mit Tibaldo.
Weiter aber haben die anderen, nur im Fior. enthaltenen Motive
— das fürsorgliche Verhalten Tibaldos für den in der besetzten Burg vom
Verrat bedrohten Helden; Tibaldos Heirat mit der Ulia — ihr Pendant und
ihre Quelle im Beuve-Buovo.
Einzig zu dem Motiv des Ergebenheitsverhiiltnisses Tibaldos zum
Helden läßt sich etwas wie der Keim im T. v. M. erkennen. Auch
Urbains Handlungen fließen aus einer durchaus freundlichen Gesinnung
für den Helden, wenn er ihn in Ausai gastlich in seinem Hause aufnimmt,
wenn er noch unmittelbar vor seinem Tode durch die Mitteilung von
Floovants Schicksal an Richier für die Errettung des Gefangenen wirkt.
Doch aber fehlt die Parteinahme Urbains für Floovant in der prägnanten
Form, wie sie die ital. Texte von Tibaldo erzählen.
Wenn wir uns nun an den direkt entsprechenden Passus des Beuve-
Buovo wenden — die Erzählung des Verrates des Helden am Hofe Her-
min-Arminions —, so finden wir hier freilich auch nicht die gesuchte
Aufklärung, u. z. deshalb nicht, weil, wie bereits früher hervorgehoben,
die Parallele zu der Avenant-Scene des Floovent hier überhaupt fehlt.
Aber der Beuve-Buovo enthält noch einen anderen vergleichbaren Ab
schnitt, wo ebenfalls von einem am Helden begangenen Verrat berichtet
wird. Diese Ereignisse spielen unmittelbar nach der die Dichtung ein
leitenden Ermordung des Grafen durch seine Gattin und deren Buhlen.
Und hier, in den Bedrängnissen des Helden, tritt eine Gestalt hervor, die,
wie Tibaldo für Fior., als sein guter Geist bezeichnet werden kann: der
getreue Soibaut-Sinib'aldo. Daß diese Gestalt in dem in Rede stehenden
Punkte das Vorbild für Tibaldo gewesen ist, das beweisen auch die zwischen
beider Namen — Tibaldo di Liman und Sinibaldo di San Simone
— bestehenden Beziehungen. Die Ähnlichkeit von Tibaldo und Sinibaldo
einerseits, von Liman und Simone andererseits leuchtet ein. In der
Apposition zum Namen Tibaldos, „di Liman“, schimmert nun das frz. Beiwort
Urhains, ,,1’Allemand“, noch sichtbar durch. So wird die Benennung „San
Simone“, die zudem im Beuve garnicht fundirt ist — hier hat die Burg
Soibauts keinen Namen —, nach „Liman“ gebildet sein. Umgekehrt ist
der Name Sinibaldo, die Italianisirung des frz. Soibaut (dieser von den
frz.-festländischen Versionen gebrauchte Name steht der ital. Bezeichnung