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Daß der Floovent die ursprünglichere Form des Epos verkörpere,
darüber waren die Forscher einig, wenn es auch niemand eigentlich
stringent bewiesen hat.
Nun ist es ja wahr, daß bei einer ihrem Ursprünge nach frz.
Dichtung die uns überlieferte frz. Fassung fiir eine so wichtige Frage,
wie es die nach dem ursprünglichen Umfang der Dichtung ist, schon von
vornherein größeres Vertrauen verdient. Aber weiter läßt sich auch
in den Partieen der ital. Version, in denen sie die entscheidenden Abwei
chungen von der frz. Fassung enthält, die arrangirende Hand des Be
arbeiters noch deutlich genug nachweisen.
Im F'ior. fehlt die Rückkehr des zum ersten Mal befreiten Helden
an den Hof Fiorios, die Floovents Rückkehr zu Flore entsprochen hätte;,
fehlen weiter die die Schlußepisoden im T. v. M. bildenden Kämpfe um
Loon, in denen der Held sich die Verzeihung des Vaters erwirbt. Viel
mehr kehrt Fior. unmittelbar nach seiner Befreiung direkt in die Heimat
zurück. Sein Vater zürnt ihm nicht mehr, denn er hat bereits an der Be
freiung seines Sohnes mitgewirkt. Tibaldo di Liman hatte ihn herbeigeholt.
Woher aber wußte denn Tibaldo, daß Fior. der Sohn des Königs,
von Frkch. sei? Ausdrücklich erwähnen alle ital. Texte, — in Über
einstimmung mit dem T. v. M. —, Fior. habe an Fiorios Hofe seinen
Namen und seinen Stand verheimlicht.
An diesem Widerspruch, zu dem der Fior.-Dichter greifen muß, um
die Anteilnahme Fiorellos an der Erlösung seines Sohnes zu ermöglichen,
zeigt sich deutlich, daß dem Urheber der ital. Version eine dem T. v. M.
verwandte Quelle Vorgelegen hat. Aus irgend einem, vorläufig noch nicht
ersichtlichen Grunde hat er die Rückkehr des Helden an den Hof Flores
und die Kämpfe um Loon aus der von ihm geplanten Version eliminiivn
wollen. So bringt er die Versöhnung des Vaters durch dessen Teilnahme
arr dem Zuge gegen Balda zum Ausdruck — ein Motiv, das er nur durch
den eben aufgedeckten Widerspruch in die ursprüngliche Dichtung einzu
flechten im Stande war.
Weshalb denn aber jene Unterdrückung des Aufenthaltes des Helden
bei Flore, der Kämpfe um Loon; weshalb dann weiter die Schilderung
einer abermaligen Entfernung Fior.s vom väterlichen Hofe und neuer Aben
teuer im Sarazenenlande?
In der Ausgabe des „Floovant“ findet sich auf S. XII der Vor
rede, wo über die unerklärliche Veränderung der Namen in dem
ital. Gedicht gesprochen wird — für Florete fände sich hier der Name
Ulia (Uliana); llaugalie, die heidnische Prinzessin, die aus Liebe zu
Floovant ihm bei der Flucht aus dem Kerker behülflich sei, heiße hier
Drugiolina (Dusolina) —, in einer F'ußnote die Bemerkung, daß „im
4. Buch der Reali (es erzählt die Geschichte von Buovo d’Antona)