Full text: Floovent-Studien

Frankenkönig des VII Jahrh. schwerlich noch „Chlodowinger“, sondern 
vielmehr nach dem allgemeinen TIsus mit „Merowinger“ bezeichnet worden. 
Auch die von Darmesteter aus der Geschichte Dagoberts zu der Hand 
lung des Floovent beigebrachten Parallelen wollen Rajna zu allgemein 
erscheinen, als daß man aus ihnen bestimmte Schlüsse gerade auf die 
Persönlichkeit Dagoberts ziehen dürfe. Unter Floovent könne nur ein 
wirklicher „Chlodowinger“, d. h. ein Sohn Chlodwigs, verstanden werden. 
Die ursprünglich nur von diesem erzählte anekdotenhafte Geschichte von 
der Beschimpfung eines Vornehmen sei später auch auf Dagobert über 
tragen (S. 148 ff). 
Und nun sucht Rajna, S. 156 ff, unter den 4 Söhnen Chlodwigs 
nach demjenigen, dessen Erlebnisse am meisten Ähnlichkeit mit den von 
Floovent belichteten Abenteuern aufwiesen. Er entschließt sich für 
Theoderich, den Ältesten. Doch räumt er S. 161 ein: „La storia non ci 
da per Teoderico . . . nessun appiglio positivo a cui rannodare il poema“; 
und deshalb: „certo non intendo di dare la mia idea altro che come una 
congettura, dispostissima a ritrarsi dinanzi ad un’altra che offra verosi- 
miglianze maggiori . . . .“. 
Ob nun die in der Kritik des Rajnaschen Buches von G. Paris 
Rom. XIII, 608 vorgeschlagene Hypothese: Floovent = Chlothar, Theoderichs 
Bruder, diese von Rajna gestellte Bedingung einer „größeren Wahrschein 
lichkeit“ erfüllte, darüber hat die Forschung sich nicht weiter geäußert. 
Das Interesse für die Frage erlahmte. — — , 
In der vorliegenden Arbeit will ich nun — mit einstweiliger Hint 
ansetzung des „Flovent“ — die seit 20 Jahren nicht mehr erörterte 
Frage nach Wesen und Ursprung der F’loovent-Sage und nach ihrem Ver 
hältnis zur Merowinger-Epik von neuem behandeln. 
Han hat bisher die endgültige Entscheidung dieser Fragen von hi 
storischen Untersuchungen, von Erörterungen über Zusammenhänge der 
Dichtung mit geschichtlichen Ereignissen, die in ihr zum Ausdruck kämen, 
erwartet. Aber trotz der Bemühungen Darmesteters, Rajnas und G. Paris’ 
ist man auf diesem Wege zu allem anderem als zu fest stehenden Re 
sultaten gekommen. 
Nebenher aber finden sich in der Floovent-Litteratur Spuren einer 
anderen Betrachtungsart. Man erhob den Blick über den begrenzten 
Kreis unserer Dichtung und betrachtete sie im Zusammenhänge der 
epischen Litteratur der Zeit. Schon Rajna erkannte in den „Ricerche“ 
S. 77 ff. die Beziehungen, die zwischen dem Floovent und der Octavian- 
Sage bestehen, und er griff auf die letztere zurück, um mit ihrer Hülfe 
Fragen der Floovent-Flovent-Überlieferung zu entscheiden. Dann wies 
G. Paris in seiner Besprechung der Vollmöllerschen Octavian-Ausgabe, 1 ) 
Rom. XI, 611, darauf hin, welches Licht eine Untersuchung des Verhält 
nisses des Floovent zum Octavian vielleicht auf die Entstehungsgeschichte 
des Floovent hätte werfen können. 
1] Afrz. Bibliothek, Baad III; Heilbronn 1883.
	        
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