Theodor Claufsen
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sinnlos, nicht aus]; beachtenswert sind wohl auch die Schreibweisen
arcediaconus = ägyidiaxovog (Schuch. Vok. II, 8) und ebiscum neben
ibiscum = Ißlaxog (Georges LWF.), deren e vielleicht offenes e be
zeichnet. Sehr wichtig sind noch die folgenden Wörter: (iIv&tj lat.
ment(h)a = ital. menta, span, mienta, frz. mente u. s. w. (es ist durch
aus unglaubhaft, dass das Wort, wie Keller S. 64 meint, an die mit
ment- beginnenden lateinischen Wörter angeglichen worden sei); h-
yvGTixov lat. ligusticum und levisticum [es ist kaum zu bezweifeln, dass
die letztere Form die phonetische Wiedergabe des griechischen
Wortes sei; lat. vi für yv wird die der Übertragung von xv durch lat.
qui (z. B. ZüxvvSog = Zaquintos) entsprechende stimmhafte Lautver
bindung sein (vgl. auch § 14,7); Volksetymologie nach levis, wie bis
her allgemein angenommen wurde, ist in hohem Grade unwahrschein
lich]. Aus diesen Beispielen darf mit einiger Sicherheit geschlossen
werden, dass der Lautwert des gr. X, wenigstens jiuf gewissem Gebiete,
e gewesen sei, und vielleicht darf man dem gr. I teilweise denselben
Klang zuschreiben. Daneben ist, wie wir sahen, gr. i (auch als Länge)
durch lat. i, e wiedergegeben worden. Wenn l im Latein als f er
scheint, so kann dies in dialektischer Übereinstimmung der Aussprache
des griechischen Vokals mit der des lateinischen begründet sein; häufiger
aber wird es sich um Entlehnungen handeln, die auf literarischem
Wege erfolgt sind, in welchem Falle natürlich das griechische Schrift
bild seinen Einfluss geltend machte.
§ 13. Griechisches o.
1. Das gr. o wurde u-ähnlich, also geschlossen gesprochen (vgl.
Blass S. 26, Kühner-Blass § 2,6, Brgm. Grdr. I § 141, Gr. Gr. § 9,
K. vgl. Gr. § 105, Hirt § 81,4), aber schwerlich all ge me in griechisch,
wie die Gräzisten vermuten (vgl. weiter unten). Wegen der geschlossenen
Aussprache wird o in den älteren lateinischen Lehnwörtern öfters durch
ü wiedergegeben, z. B. dfiÖQyrj lat. amürca (§ 2,4), d[x(poQevg, davon
lat. Deminutivum ampülla (aus *ampurula), x6(i/.u lat. cummi, gummi
etc. (S. 31), xovUrj cünila (mit cüneus, wie Keller S. 64 meint, hat das
Wort gewiss nichts zu tun), noqtpvQa purpura, QO[upalu rumpia (§ 1,2),
ctQOffog (stroppus und) struppus (§ 7,1), zöqvog (tornus und) turnus
u. s. w., vgl. auch die von Schuch. Vok. II, 115 ff. gesammelten Bei
spiele wie QÖ/ißog = rumbus u. s. w. Lindsay II § 22 hält es für un
wahrscheinlich, dass im Latein eingebürgerte griechische Wörter die
ursprüngliche Klangfarbe der Vokale beibehalten haben sollten, und
ist geneigt, das u für o in amurca u. dgl. aus einer entsprechenden
Tendenz des Latein zu deuten (vgl. ebenda II § 145); entschieden mit
Unrecht, denn Spuren griechischer Lautwerte sind nicht nur im Volks
latein, sondern auch im Schriftlatein, wie schon gezeigt worden ist