Theodor Claufsen
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§ 6. Griechisches £.
Im allgemeinen sind gr. £ und lat. x gleich gesprochen worden,
welche Tatsache auch durch das Romanische bestätigt wird. Beispiele
hierfür sind entbehrlich. Nicht zu übergehen ist aber folgende Be
sonderheit: Nach Brgm. Gr. Gr. § 128,1 wird £ zuweilen zu (r% umge
stellt, z. B. 2%evoxXrjg = Sei’oxXrjg, evcrxctfievos — ev^äiierog. Ent
sprechend hat neben nv^og wohl auch :h nv(T%oq existiert, woraus sich
vlt. *boscus = ital. bosco, prov. bqis, afr. nfr. bms erklärt (über v —
lat. o § 14,5), ferner vlt. *büsca — ital. (dial.) cat. busca, afr. busche,
nfr. büche u. s. w. (über v = lat. ü § 14,4, Auslaut -a, weil nv^og
Femininum ist, vgl. S. 28). Ebenso verlangt afr. boiste, nfr. horte wohl
vlt. *büscita (S. 34) = Akk. nv^tda. Wahrscheinlich ist auch frz.
täche ,Aufgabe 4 , vielleicht sogar ital. tasca, frz. (dial.) tasque, tache,
dtsch. Tasche == vlt. * tasca gr. zöt%ig (-a = -ig S. 30), ferner wohl
vlt. *flasca (§ 5,5) = cpvXa^ig.
§ 7. Konsonantengemination.
1. Zwischen silbischen Vokalen ist nach Brgm. Gr. Gr. § 120 und
Meyer § 289, wie die inschriftliche Schreibweise zu erkennen gibt,
häufig statt eines einfachen Konsonanten Geminata eingetreten, indem
die Silbengrenze in den Konsonanten hineingelegt wurde. Lateinische
Wörter griechischer Herkunft bezw. deren Fortsetzungen im Romani
schen, Germanischen und Keltischen bestätigen uns, dass dieser Brauch
in der griechischen Volkssprache ganz ausserordentlich verbreitet ge
wesen ist. Beispiele: (rzQocpog lat. (struppus und) ströppus — (ital.
stroppolo), afr. cat. estrop, prov. estrop-s, ptg. estropo, ae. stropp, nhd.
Stropp („Strippe aus *struppia“ Prof. Holthausen); azQocpIg vlt. *stroppa
(S. 30) — ital. stroppa, frz. etrope; zantjziop vlt. *tappitium (über
= i § 11,4, lat. tappete und Plur. tappetia mehrfach bezeugt, vgl.
Georges LWF, s. v. tapete) = prov. tapit-z, afr. tapiz, nfr. tapis. Lat.
stuppa entspricht dem gr. uzviim] wie stxtpa dem gr. ffzvrzij, ist also
nicht hierherzurechnen, dagegen gehören hierher xoaß(ß)azoq lat. gra-
battus (Lucil. 214), äßoXog lat. abolla (Varr. sat. 223), vo^og lat.
nummus, zrlcpagov lat. supparum (u in Anlehnung an sub, Keller S. 106),
vgl. Gäbel-Weise S. 367. Die App. Pr. bietet folgende Beispiele für
Konsonantengemination in griechischen Lehnwörtern: 84 ,camera non
cammara* (xctfuiQa), 110 ,draco non dracco 4 (Sgaxoir), 141 ,fasseolus
non fassiolus 4 (<;pdtrrjXog)‘), 199 ,basilica non bassilica 4 (ßaaiXixri) [bas-
1) Diese Lesart steht nicht fest: Förster App. Pr. S. 305 liest in beiden
Wortformen Doppel-s, Gundermann nach Heraeus beide Male einfaches s. Auf
dem Lichtdruck der Handschrift (Wiener Studien XIV) ist die erste Form nicht
deutlich zu entziffern, in der zweiten meine ich mit Sicherheit doppeltes s zu