Theodor Claufsen
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dem gr. cp, wenn es noch nicht völlig zur Spirans verschoben war,
identisch gewesen ist. Bestätigung kann unsere Ansicht finden durch
die Glosse ,basilum genus navis 1 (CGL IV, 600, 21; vgl. auch Löwe
Prodr. 422] = (pdarjXog; hier begegnet lat. b für gr. <p gleichzeitig
mit der nach Chr. Geb. auftretenden itazistischen Aussprache des
gr. rj (vgl. § 11, 1). Dass gr. cp unter Umständen von den Körnern
auch als v gehört werden konnte, scheint aus der Glosse ,ravana itia‘
(CGL III, 625, 32) = qdcpuvog hervorzugehen, vorausgesetzt, dass hier
nicht etwa bereits eine romanische Wortform vorliegt, oder dass dies v
nicht auf den oben erwähnten Wechsel zwischen b und v zurückzu
führen ist. Falls die hier vorgetragene Anschauung vom Verhältnis
des gr. cp zum lat. b zutrifft, könnte die nach Brgm. Gr. Gr. § 88
Anm., K. vgl. Gr. § 219 unentschiedene Frage, ob das aus urgriechi-
schem ph (pp) entstandene f im Altertum bilabial geblieben oder dento-
labial gesprochen worden sei, dahin beantwortet werden, dass wenigstens
zunächst die erstere Aussprache gegolten habe. Welche der drei Er
klärungen für die Wiedergabe von cp durch b nun in jedem einzelnen
der oben genannten Fälle heranzuziehen sei, lässt sich unmöglich an
geben.
9. Seltener erscheint gr. % im Latein als der entsprechende stimm
hafte Verschlusslaut g. Weise S. 20, Anm. 2 nennt als Beispiele:
xvh'xvr] — culigna, öoxi] — doga, dgaxp-ij = dragma, xcdßuvri = gal-
banum, = golaia. Hier wird teils Volksetymologie im Spiele
sein, z. B. ist galbanum (ein gelbliches Harz) gewiss durch galbinus
,gelb‘ beeinflusst, teils mögen griechische Dialektformen vorliegen (im
Nordgriechischen war % durch y vertreten, vgl. Kretschmer S. 229);
in culigna und dragma hat sich wohl g statt c (= x) eingestellt wie
in cygnus neben cycnus = xvxvog (hierüber Lindsay II §74, IV §116).
Das Vulgärlatein bietet noch einige weitere Beispiele: davon vlt.
*gamula = frz. jamble: x a ^ a ^Q v ? vlt. *gama(n)drea = afr. geman-
dree, nfr. germandree, nhd. Gamander. Hierfür ist auch in Betracht
zu ziehen, dass in echt lateinischen Wörtern anlautendes c mit g
wechselt, wofür freilich eine Erklärung noch nicht gefunden ist, z. B.
vlt. *gavea (ital. gabbia) neben cavea (frz. cage) u. s. w.; entsprechend
kann in den eben genannten Wörtern ursprünglich etwa vorhanden
gewesenes c (= x) durch g abgelöst worden sein.
10. Für die Vertretung von gr. & durch lat. d führt Weise S. 20
Anm. 2 nur das eine Beispiel nüvSeiog = pandicularis an; doch er
klärt er selbst S. 74 diese Gleichung für äusserst bedenklich. Man
darf sie getrost für unmöglich halten.
11. Die spätgriechische spirantische Lautstufe von cp, x ist im
Vulgärlatein und Romanischen in weiteren Umfange nur bei dem ersten,
seltener beim zweiten, kaum beim dritten Konsonanten nachzuweisen.