Theodor Claufsen
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tdkavrov, Tarentum = Tdquvva (vgl. S. 41), den ursprünglichen
griechischen Vokal z. T. bewahrt hat; dem gr. xdvaaiQov entspricht
vlt. *canastrum (bezw. -a) = span. canast(r)o, canasta (frz. canastre
Lehnwort) neuprov. canasto; ital. canestro stellt kaum die Fortsetzung
des schriftlat. canistrum vor, wie Stolz § 86 meint, ist auch schwerlich,
wie d'Ovidio, Grob. Grdr. I, 505 behauptet, aus canestro (dies allerdings
= canistrum) nach finestra, palestra u. dgl. umgebildet, vielmehr ergab,
wie in anderen Fällen, in denen die Anfangsbetonung nachtoniges a zu e
geschwächt hat (talentum u. s. w.), *cänastrum zunächst *canestrum, dann
mit der in historischer Zeit geltenden Betonung *canestrum (dies im ital.
canestro erhalten), vgl. lat. segestre aus gr. (TTsycctTTQov (Stolz § 86); lat.
canistrum (= ital. canestro) ist gewiss erst aus *canestrum nach capi-
strum, sinistrum und ähnlichen abgeändert. Inder Volkssprache ist darauf
für *canestrum, canistrum teilweise die Form *canastrum eingetreten,
weil man die Griechen das Wort mit diesem Vokal sprechen hörte,
wenn auch mit anderer Betonung; diese beizubehalten war freilich
dem Lateinischen kaum möglich. Ähnlich hat das klassische Latein
für altlat. Alixentrom (CIL I, 59) = ’^Xs^cevöqog Alexander, Alexan-
drum eingesetzt. Was von den lateinischen und romanischen Fort
setzungen von xdvaotqov gesagt worden ist, findet sinngemässe An
wendung auf die von raXavvov (lat. talentum — ital. talento, frz.
talent, altspan, taliento neben vlt. *talantum = altital. talanto, afr.
talant, prov. talan) und die von Td^avia (lat. Tarentum neben vlt.
*Tarantum und *Tarantum = ital. Taranto und Taranto; das letztere
hat sogar griechische Betonung, was durch direkten Einfluss des Griechi
schen erklärt werden muss, vgl. M.-L., Einf. S. 97; übrigens spricht
man in Tarent selbst Taranto, vgl. Förster bei Stolz S. 620). Be
achtenswert ist ferner vlt. *atrdpice (aus afr. arrace zu erschliessen)
neben schriftlat. atriplex, -icis = ärgdcpa^ii;; das i im letzteren ist
kaum, wie Keller S. 61 meint, dadurch entstanden, dass man das Wort
für eine Zusammensetzung mit ater ,schwarz 1 gehalten hat (die gleiche
Auffassung schon bei Weise S. 73), sondern ist gewiss durch die An
fangsbetonung in urlateinischer Zeit hervorgerufen wie in bahneum,
Agr/gentum u. dgl. Angesichts der Tatsache, dass das Vulgärlateinische
in solchen Fällen im Gegensatz zum Schriftlatein den griechischen Vokal
der nachtonigen Silbe gern restauriert, muss es auffallen, dass die lat.
Volkssprache auch Spuren eines umgekehrten Verhaltens aufweist: prov.
palenc-s bezeugt ein vlt. *palencus (= Gen. (fdkayyog, vgl. S. 33),
cat. palenca vlt. *palenca (= Akk. <pdluyya), dagegen sind ital. rtr.
span, palanca = vlt. *palanca, das wie schriftlat. phalanga (dies dem
Griechischen näher auch durch das g = y) den griechischen Vokal
bewahrt hat. Entsprechend ist ptg. coentro aus lat. *coI[i]entrum =
xoUuvöqov entstanden (die Existenz dieser Nebenform von xoqlavvov