Full text: Die griechischen Wörter im Französischen

Theodor Claufsen 
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Wichtiger ist, dass das Latein in vorhistorischer Zeit ein anderes 
Akzentuierungssystem gehabt hat, nämlich Anfangsbetonung, und dass 
diese im Vokalismus der ältesten griechischen Lehnwörter ihre Spuren 
hinterlassen hat (vgl. Kretschmer S. 156, Stolz § 84—88, Stolz-Schmalz 
§ 73, Sommer § 71), wie folgende Beispiele zeigen: cup [| ressus aus 
*ctiparissos = ximdoifjaoc, bal(«)neum aus *bälaneom = ßccXccveiov, 
Alixentrom aus *Alexandros, Agr/gen tum aus *Agragantom = Akk. 
’AxQayavza von ’Axgayag, talentum aus ®tälantom = zcdavvov, Mass/lia 
aus *Mässalia = McttTtrcdlct, cam'strum aus *canastrom = xüvckjtqov, 
Tarentum aus *Tarantom = Akk. Tdoavzu von Tceqag u. s. w. Solche 
Vokalschwächungen sind naturgemäss nur an unbetonter Stelle denkbar. 
Nicht beistimmen kann ich Stolz, wenn er § 88 auch lat. ancöra = 
äyxvga, creplda = Akk. xQr[nida, cunila = xoviXt) als Belege dieses 
Vorgangs anführt, wie denn auch Stolz-Schmalz § 73,2 die Richtigkeit 
dieser Anschauung bezweifeln. Auf alle diese Fälle werden wir im 
weiteren Verlaufe unserer Auseinandersetzung, der wir die einzelnen 
griechischen Akzentuierungsklassen als Einteilung zugrunde legen, 
zurückgreifen. 
Zunächst ist klar, dass Oxytona und Perispomena als der lateini 
schen Akzentuierung schnurstracks zuwiderlaufend sich der im Latein 
üblichen Betonung fügen mussten. Der Anführung von Beispielen be 
darf es nicht, vgl die oben" genannte Literatur. Auffallend findet 
Meyer-Lübke Gr. I, § 17 S. 34 span, g-oldre') aus ywovzög (so muss 
es statt xoQvzog heissen); nach der von ihm aufgestellten Grundregel 
(vgl. S. 40) hätte das Wort im Latein allerdings *corutus, *gorutus, also 
im Span. *'corüdo, *gorüdo lauten sollen. Doch gr. v war, wie das Romanische 
erkennen lässt (vgl. § 14, 3), eine offene Länge, und da in der lateini 
schen Volkssprache im Gegensatz zur Schriftsprache schon früh die 
Vokalqualität das Übergewicht über die Vokalquantität hatte, so ist 
begreiflich, dass das Vulgärlatein hier den Akzent auf die dritt 
letzte Silbe gezogen hat. Wir werden weiterhin noch manchen Bei 
spielen dafür begegnen, dass die lateinische Volkssprache sich Uber die 
griechische Quantität hinweggesetzt hat. Dass die aus dem Mittel 
griechischen oder Neugriechischen ins Romanische entlehnten endbe 
tonten Wörter die ursprüngliche Betonung bewahrten, ist bekannt, vgl. 
M.-L., Gr. I § 16 S. 30, it. Gr. § 156; Beispiele: mgr. ngr. rrsiqo{g) 
= nprov. silö, frz. silo (dagegen ist span, silo wohl aus dem 
1) Auch span. gord(r)e, ptg. cord(r)e, coldre, vgl. C. Michaelis, Jahrb. XIII, 
213ff. Die Messung cörytus bei Apollinaris Sidonius, auf die G. Paris, Miscell. 
Linguist, in onore di Ascoli S. 51 Bezug nimmt, erklärt nichts, da die Dichter zu 
dieser Zeit (5. Jh. n. Chr.) oft aus der Vokalqualität die Vokalquantität ana 
logisch erschlossen.
	        
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