Full text: Die griechischen Wörter im Französischen

Theodor Claufsen 
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weichungen sind z. T. so beträchtlich, dass die griechischen Wörter im 
Latein kaum wieder zu erkennen sind: ^tjXöcpvXXop ,Schafgarbe 1 lautet 
lat. millefolium (gewissermassen ,Tausendblatt 1 ); «tqacpu^ig ,Melde 1 lat. 
atriplex, -icis (Einfluss von simplex -icis u. dgl.); /qvaav&og ,Feuer 
kröte' lat. crassantus (nach crassus ,dick‘ ; Keller S. 54); xsqxi- 
9aXig ,Kriekente' lat. querquedula (nach quercus ,Eiche' und Vogel 
namen auf -edula, Keller S. 52); dqei'xaXxop ,Bergerz' lat. orichalcum, 
aurichalcum (nach aurum ,Gold'); Schuch. Vok. I, 37 belegt auch 
aerichalcum, worin Einwirkung von aes, aeris ,Erz‘ zu sehen ist; ähn 
lich ist */aiqi(pvXXov ,Kerbel' halb latinisiert worden (caerefolium). In 
anderen Fällen sind die Veränderungen minder bedeutend, so wenn 
egnvXXov ,Quendel' unter Anlehnung an serpere ,kriechen' serpullum, 
Qvxctprj ,Hobel' unter dem Einfluss von runcare ,glatt machen' runcina 
geworden ist. Dies sind einige wenige der als sicher anzusehenden 
Beispiele für lateinische Volksetymologie in griechischen Lehnwörtern. 
Vieles, was bislang (nicht nur von Keller) hierhergerechnet worden ist, 
erklärt sich aus der Eigentümlichkeit griechischer Laute oder auf 
andere Weise, so ist z. B. weder liquiritia = yXvxvqqiQa durch liquor, 
liquidus beeinflusst noch crepida = xq^nlda durch erepare, levisticum 
= Xiyvomxöv durch levis, amurca = dfioqyri durch murcus und oleum 
= eXaiov durch olere. Wir werden noch oft auf dies Thema zurück 
kommen. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass das Vulgär 
lateinische zuweilen eine dem Griechischen näherstehende Form als die 
durch das Schriftlatein überlieferte bewahrt hat, z. B. vlt. *atrapice 
(afr. arrace) gegenüber schriftlut. atriplex, -icis = uTqutpa^ig, vlt. 
*cercedula (afr. cercelle, nfr. sarcelle) neben schriftlat. querquedula 
= xeqxi&ciXig, vlt. *rucina (afr. roisne) neben schriftlat. runcina = 
Qvxdvi]. Diese Tatsache gibt uns ein unerwartetes, aber nicht unwill 
kommenes Mittel an die Hand, festzustellen, dass solche Wörter wirk 
lich dem Griechischen entlehnt und dann durch lateinische Volksety 
mologie umgestaltet worden sind. 
Sehr mannigfach sind die Veränderungen, welche die Einreihung 
griechischer Wörter in das lateinische Flexionssystem erforderlich 
machte. Nur wenig ist über die griechischen Verben zu bemerken, 
zumal sie ins Volkslatein nur in geringer Zahl Ubergegangen sind; für 
gr. -äv, -eiv (andere Endungen kommen wohl kaum in Betracht) wird 
regelmässig lat. -are gesetzt, z. B. xvßsqväv = gubernare, ßXaaiprjfisip == 
blasphemare, vlt. *blasimare, *blastimare (ital. biasimare, bestemmiare, 
prov. blasmar, blastimar, frz. blämer u. s. w.), ßanziXeiv — vlt. *bapte- 
Literaturztg. 1892 S. 592 f. und von Maurenbrecher, Fleck. Jahrb. CXLV, 193 ff. 
ausgesprochene Urteil, K. sei in der Ani^,hrae von Volksetymologie viel zu weit 
gegangen, berechtigt zu finden.
	        
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