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Die griechischen Wörter im Französischen
dem Mittel- und Neugriechischen ins Romanische direkt übergetreten
sind. Ein Verzeichnis derartiger Wörter hat Diez, Gr. S. 47—49 ge
geben; bei näherer Betrachtung schrumpft dies aber sehr zusammen.
Es finden sich darin einige sehr unsichere Etymologien, wie umxäv
— frz. moquer, axamsiv — frz. sapper, niraXov — frz. poele und
andere, die M.-L., Gr. I § 17 S. 35 in seiner Kritik der Diezschen
Liste mit gutem Grunde gestrichen hat. Bei anderen Wörtern ist die An
nahme einer Entlehnung aus dem Mittel- und Neugriechischen ins Romani
sche schwer glaubhaft, z. B. bei den romanischen Formen, die zu ßvqcrcc,
/ivara£, (Tctyfia gestellt werden. Die Gründe, welche in diesen und
anderen Fällen gegen Diez’ Ansicht sprechen, werden wir im zweiten
Teile unserer Arbeit bei der Behandlung der einzelnen Wörter zu er
örtern haben. Eins ist sicher: Der Umstand, dass dieses und jenes
Wort in der lateinischen Überlieferung fehlt, was ja rein zufällig sein
kann, darf nicht dazu veranlassen, zu behaupten, es sei den romanischen
Sprachen nicht durch das Latein übermittelt, vielmehr ist, was auch
Berger S. 35 betont hat, solange wie möglich an dem Grundsätze fest
zuhalten: Was aus dem Latein hergeleitet werden kann, ist nicht aus
wärts zu suchen. Unmittelbare Entlehnung romanischer Wörter aus
dem Griechischen wird im allgemeinen erst dann anzunehmen sein,
wenn lautliche und sachliche Gründe gegen lateinische Vermittlung
sprechen. Nach der anderen Seite hin ist aber das Diezsche Verzeich
nis zu erweitern; trotzdem bleiben die hierherzurechnenden Wörter ge
ring an Zahl. Diez selbst konnte die Beeinflussung des Romanischen
durchs Griechische „kaum ersichtlich“ nennen (Gr. S. 59); in demselben
Sinne äusserten sich M.-L., Gr. I § 16 S. 29 und Körting in der Ein
leitung seines Buches ,Neugriechisch und Romanisch 1 (Berlin 1896). Zu
einem abschliessenden Urteil ist man aber wohl schwerlich schon be
rechtigt; man möchte doch vermuten, dass die Einwirkung des Griechi
schen der späteren Perioden auf den Wortschatz der romanischen
Sprachen, vor allem der italienischen Mundarten, von wo dann noch
manches Wort weiter gewandert sein könnte, tiefergehend gewesen sei,
als uns bis heute bekannt ist. Wenn die Griechen zahlreiche romani
sche Wörter entlehnt haben (vgl. Meyer, Ngr. Stud. IV), sollte da nicht
auch der umgekehrte Vorgang in umfangreicherem Masse stattgefunden
haben (etwa Ausdrücke aus dem Schiffahrtswesen oder Namen von
Handelsgegenständen)? Doch wie dem auch sei, bis jetzt hat man
erst sehr wenige solcher Wörter aufgefunden; die, welche in der für
unsere Aufgabe vornehmlich in Betracht kommenden französischen
Sprache enthalten sind, stammen meist aus dem Italienischen. Kein
Wunder, eine unmittelbare Berührung zwischen Franzosen und Griechen
hat so gut wie nie stattgefunden, höchstens in der Zeit der Kreuzzüge,
und dies war nur sehr vorübergehend.