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Die griechischen Wörter im Französischen
etymologischen Gleichungen. Es sind deshalb auch im Laufe der Zeit
manche als unzulässig ausgemerzt worden, andere sind bestritten
worden, dafür sind auf der anderen Seite eine ganze Reihe hinzu
gekommen. Einen Versuch, die griechischen Bestandteile des Franzö
sischen (und des Romanischen überhaupt) gesondert zu behandeln, hat
man bisher nicht gemacht; Zambaldis Buch ,Le parole greche nell‘
uso italiano 1 (Turin 1883) hat geringen Wert. Es wird angebracht
sein, an dieser Stelle eine Übersicht über das zu geben, was bis jetzt
auf diesem Gebiete gearbeitet worden ist: Was Diez in seinem Wörter
buch und in seiner Grammatik Uber die griechischen Wörter im Romani
schen lehrt, enthält ungefähr ebensoviel Richtiges als Unrichtiges,
wie wir noch im einzelnen Gelegenheit genug haben werden festzustellen.
Erst die Fortschritte der klassischen Philologie ermöglichten es der
romanischen Sprachwissenschaft, Genaueres zu ermitteln und den Be
sonderheiten der griechischen Elemente des Romanischen mehr Rechnung
zu tragen. Teilweise geschah dies bereits von seiten Schuchardts im
Vokalismus des Vulgärlateins, später von seiten Gröbers in den
vulgärlateinischen Substraten (ALL I-VII); vereinzelte Bemerkungen
finden sich auch in Grob. Grdr. In ein neues Stadium trat die Unter
suchung durch Meyer-Lübke, der sich überhaupt um die Erforschung
der griechischen Wörter im Romanischen das meiste Verdienst erworben
hat; in seiner Gr. I §§ 16 u. 17 widmete er deren Eigentümlichkeiten
eine längere Besprechung; einzelne weitere Beiträge enthalten desselben
Verfassers ital. Gr. und die Einf. in d. Stud. d. rom. Sprachwissensch.
Auf Meyer-Lübke, Gr. I §§ 16 u. 17 beruhen auch die ziemlich
dürftigen Bemerkungen bei Schwan-B. § 29, ferner, was H.-D. Traite
§§ 496 u. 497 bieten. Daneben ist noch manches Material in anderen
Werken, namentlich in den wissenschaftlichen Zeitschriften verstreut,
das hier unmöglich aufgeführt werden kann. Im grossen und ganzen
aber sind wir in der Untersuchung der griechischen Bestandteile des
Romanischen bislang nicht über die allerersten Anfänge hinausge
kommen. Die Zusammenstellung der griechischen Wörter im Französi
schen bei H.-D. Traite § 5 muss als das aufgefasst werden, was sie
sein soll, ein kurzer Überblick. Es soll nun im folgenden unsere Auf
gabe sein, die französischen Wörter griechischer Herkunft nach ihrer
lautlichen und begrifflichen Entwicklung darzustelleu 1 ). Es steht zu
1) Die Erörterung der Begriffsentwicklung bleibt dem zweiten (lexikalischen)
Teil der Arbeit, der zusammen mit dem vorliegenden ersten Abschnitt in den
,Romanischen Forschungen* erscheinen wird, Vorbehalten. Der Leser sei ge
beten, diesen zweiten Abschnitt, der die im ersten zusammengefassten Ergeb
nisse in Einzeluntersuchungen begründet und ergänzt, nicht unberücksichtigt
zu lassen, da manches erst dort die nötige Erläuterung finden konnte.