Full text: Die griechischen Wörter im Französischen

18 
Die griechischen Wörter im Französischen 
seiner Vorgänger zu erweitern und zu vertiefen; beispielsweise heisst 
es: ,Eglise, Ecclesia, hxxXuoia, entre les Chrestiens, se prend speciale- 
ment pour lenr assemblee ou le nombre universel d’eux, encores qu’ils 
soyent espars. Mais le vulgaire a aussi appele Eglises les temples oü 
on s’assembloit. 1 Klingt das nicht ganz modern und könnte es nicht — 
cum grano salis verstanden — noch heute in einem etymologischen 
Wörterbuch stehen? St. hat auch ein Verzeichnis der griechisch-französi 
schen Wörter nach begrifflich zusammengehörigen Gruppen zu geben ver 
sucht; so unvollkommen dies ausgefallen ist, er hat doch erkannt, dass Fach 
ausdrücke der medizinischen Wissenschaft, ferner Pflanzennamen und 
die Terminologie des Christentums wesentliche Bestandteile bilden. 
Ja, der gelehrte Humanist scheint sogar den Unterschied, den wir 
heute zwischen Wörtern volkstümlichen und gelehrten bezw. halbge 
lehrten Gepräges zu machen pflegen, wenn auch nicht klar durchschaut, 
so doch geahnt zu haben, denn er scheidet die Fälle, in denen franzö 
sischen Wörter die Lautgestalt und Bedeutung der zugrunde liegenden 
griechischen festgehalten haben, von anderen, in denen die Abweichung 
beträchtlicher ist, indem er in dieser Gruppe das griechische und 
französische Wort durch ,de‘ verbindet, in jener beide unvermittelt 
nebeneinander stellt. Schliesslich hat er sich auch mit der Frage be 
fasst, welche vermittelnde Bolle das Latein bei der Übertragung griechi 
scher Wörter ins Französische gespielt habe. Doch ist es ihm nicht 
gelungen, hierin zu scharf umrissenen Vorstellungen vorzudringen: 
Zwar gibt er zu, dass einige griechische Wörter im Französischen 
in latinisierter Gestalt vorlägen; dass die Mehrzahl auf diesem Wege 
eingedrungen sei, scheint ihm aber schon mit Rücksicht darauf, dass 
solche Wörter nicht als lateinisch zu belegen seien, zweifelhaft. In 
diesen Anschauungen war St. noch durchaus ein Kind seiner Zeit. 
Wieviel indess in seinem Werke vom heutigen Standpunkt der Wissen 
schaft aus als falsch und unbrauchbar gelten muss, so wird doch aus 
unseren Erörterungen hervorgegangen sein, welcher Art dessen „An 
fechtbarkeit“ ist, und man wird keinen Anstand nehmen, auch den ,Traicte 
de la conformite du langage frangois avec le grec‘ als einen wesent 
lichen Beitrag zur Erkenntnis des wahren Sachverhaltes anzusehen. 
Allerdings liegt seine Stärke nicht im positiven Aufbau, sondern mehr 
im behutsamen Suchen nach dem richtigen Wege, der zum Ziele führen 
konnte. Perions Meinung, dass die französische Sprache griechischer 
Herkunft sei, ist seitdem als irrig aufgegeben worden, und nur die 
geistige Verschrobenheit eines wissenschaftlichen Dilettanten konnte 
(gegen Ende des 19. Jahrhunderts!) den Versuch unternehmen, diese 
längst zu den Akten gelegte Hypothese wieder an das Licht zu ziehen 1 ). 
1) Espagnolle, L’Origine du Frangais, Paris 1886—88, 2 Bde. Vgl. auch 
Ktg., Handb. S. 78, Anm.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.