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Die griechischen Wörter im Französischen
sehen entlehnt sein sollen. Fast den gesamten Wortschatz des Fran
zösischen aus dem Griechischen herleiten zu wollen, wie Pdrion dies
getan hatte, hält St. für töricht. Es dürfte sich empfehlen, bei diesem
Werke etwas länger zu verweilen, zumal es in der Dissertation von
Dieterle, H. Etienne als französischer Schriftsteller und Sprachforscher
(Strassburg 1895) nicht die rechte Würdigung gefunden zu haben
scheint; nicht als ob der alte Stephanus hier eine Ehrenrettung er
fahren müsste — sein Ruhm als eines Mannes, der Verständnis für das
klassische Altertum zu erwecken unermüdlich tätig gewesen ist, steht
für alle Zeiten festbegründet da; noch heute erfreut sich sein Thesaurus-
Graecae linguae gebührender Wertschätzung und hat die Anerkennung
auch eines Curtius (vgl. Grundz., Einl. S. 8) gefunden — sondern
weil sein Traicte der erste bedeutsamere Versuch ist, die griechischen
Wörter im Französischen zu sammeln. Hier dürfen wir natürlich nicht
den Massstab unserer Zeit anlegen, wie Dieterle es tut, indem er (S. 16)
sagt: „Die dritte und am meisten anfechtbare Abteilung enthält
ein alphabetisches Verzeichnis französischer Wörter, die vollständig oder
nur teilweise, durch Beibehaltung einiger Buchstaben, an denen man
ihre Etymologie erkennen könne, aus dem Griechischen herübergenommen
sein sollen.“ Stellen wir uns auf den allein angezeigten historischen
Standpunkt, so müssen wir uns überzeugen, dass St. für seine Zeit
(vor beinahe 350 Jahren!) Tüchtiges geleistet hat. Auf den ersten
Blick freilich scheint sich seine Abhandlung nicht wesentlich von ähn
lichen seiner Zeitgenossen zu unterscheiden: Fremdwörter ausgenommen,
die im Griechischen leicht wieder zu erkennen sind, die gleiche Zahl nach
unseren heutigen Anschauungen unmöglicher Etymologien; dieselbe
Art, diese lautlich zu rechtfertigen u. s. w. Bei näherem Zusehen aber
treten allerlei Züge hervor, die das Werk vorteilhaft auszeichnen; vor
allem ist es der Grundsatz besonnener Mässigung, der gegenüber dem
vagen Etymologisieren Perions hervor sticht. War dieser im Zweifels
falle geneigt, ein französisches Wort als griechischen Ursprungs zu be
trachten, so befürwortet St. umgekehrt eher ein lat. Grundwort; so heisst
es: ,Acier deaxig, selon aucuns. Mais je trouve plus d’apparence de le
desduire du Latin Acies, et ce pour le mesme esgard, as§avoir pource
que volontiers les pointes sont acerees.’ Oder: ,Acouter de äxoveiv, si
on ne Paime mieux desduire de auscultare. Plusieurs usent plus
tost de Escouter 4 . Ferner: ,Fol de cpavlog, selon aucuns; les autres
le desduisent de Follis, comme aussi on dit ventosus par metaphore 4 .
Überhaupt ist St. mehr geneigt, zu prüfen, vorsichtig abzuwägen als
fertige Resultate zu geben: ,Vilein de ßUvog selon aucuns; mais l’ety-
mologie que lui donnent les autres de villa semble avoir plus d’appa
rence. Quelques uns toutes fois en amönent une troisiöme de vilis 4
oder: ,Paragon de rtagdycoi/, Participe de ■nuQÜyeiv: ou plustost Parangon