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Tod geht, läßt ihr Blut erstarren. Kurz vor dem Abmarsch der
Truppen stellt sich Lindor bei ihr ein, um von ihr Abschied zu
nehmen. Schlicht und rührend bekennt er ihr von neuem seine
heiße Liebe, seine unwandelbare Treue, seine Hoffnung, sie nach
Verlauf des Feldzuges heimzuführen, falls ihn nicht der Tod in
in der Schlacht hinwegraffe. Liebesbedürftig läßt sie sich von ihm
mit Küssen bedecken. Noch will sie ihm ihr Herz ausschütten,
allein es hält ihn nicht länger, da es die Pflicht erheischt, zur
rechten Zeit am rechten Platze zu stehen, ln Tränen reißt sie
sich von ihm los, um seine Ehre nicht in Gefahr zu bringen.
Schon am ersten Tage nach seinem Aufbruch folgt ihm ihr erster
zärtlicher Brief, den Lindor entsprechend erwidert. Doch das
Verhängnis naht. Ein eifersüchtiger Nebenbuhler versucht ihn
an der Treue der Angebeteten irre zu machen. Durch diesen
läßt er sich einen Brief diktieren, in dem er Belise den Verlust
eines Auges berichtet. Tiefste Verzweiflung erfaßt sie bei dieser
Kunde. Ihr Mitleid bestimmt sie, ihm Trost zu spenden. Doch
will es ihr damit nicht gelingen. Aus dem Brief, den sie soeben
aufgesetzt, spricht Kälte. Sie zerreißt ihn und beginnt den zweiten;
doch vermag sie beim besten Willen nicht den rechten, tröstenden
Ton zu treffen. In der Erkenntnis, daß ihre Liebe erkaltet ist,
vernichtet sie auch diesen Brief. Sie glaubt Lindors edlem Cha
rakter Aufrichtigkeit schuldig zu sein und setzt ihn über ihren
Stimmungswandel in Kenntnis. Lindor vermag sich anfangs der
Verzweiflung nicht zu erwehren, die indes bald der Entrüstung
über die schnöde Untreue Belises weicht. Ohne das Ende des
Feldzuges abzuwarten, benachrichtigt er sie unverweilt, er sei er
freut, sie auf die Probe gestellt zu haben; er verfüge übrigens
noch über seine beiden Augen, die in ihr allerdings die undank
barste aller Frauen erblicken würden. Gebrochen beschließt sie
fortan der Gesellschaft zu entsagen und sich in die Einsamkeit
aufs Land zurückzuziehen. „Allons vegeter, disoit-elle, je ne suis
bonne qu’ ä cela!“
Wenden wir uns nunmehr zu dem Verhältnis der eben ge
schilderten Lindor-Episode zu der darauf zum Teil beruhenden
Farce Colmans!
Lindor wie Tamper sind Offiziere von ehrenhaftem, bravem
Charakter und stattlichem Äußeren, die mit Leib und Seele am
Waffenhandwerk hängen. Der erstere ein Rittmeister, ein Brause-