Literatur.
Das Beste, was die Stormliteratur hervorgebracht hat, sind noch
immer die Arbeiten von Erich Schmidt 1 ) und Paul Schütze 2 ). Ins
besondere die Arbeit Schützes, die nicht in dem Maße, wie Schmidt
behauptet 3 ), von seiner grundlegenden Untersuchung abhängig ist, ist die
einzige zusammenfassende Darstellung von des Dichters Leben und Werken;
ein feines Nachempfinden weiß hier den „athmosphärischen Ring“ der
Stormschen Poesie liebevoll zu reproduzieren. Leider war es dem zu
früh verstorbenen Autor nicht vergönnt, das gesamte dichterische Lebens
werk Storms noch zu würdigen. Diese Lücke hat neuerdings Edm. Lange
durch seine Neuausgabe der Schützeschen Arbeit 2 ) auszufüllen versucht,
in der er zugleich die Ergebnisse der inzwischen fortgeschrittenen Storm-
forschung unter möglichster Schonung des Textes verarbeitet hat; ein
bibliographischer Anhang verzeichnet bis auf einige weniger wichtige
Artikel die Literatur, worauf hiemit verwiesen sei.
Neuerdings erschienen zwei Publikationen 4 ), bemerkenswert vor
allem durch äußere Umstände: die jüngste der Arbeiten hat einen Franzosen
zum Verfasser, den ersten, der sich in besonderer Untersuchung über
Storm äußert. Vulliod bringt zwar nicht viel neues, fast wesentlich schon
Bekanntes zusammen, wenn er die Qellen aufzeigt, die des Dichters Phantasie
befruchten, seine religiöse Ansicht und Stellung zum Christentum darlegt
und philosophische Äußerungen Storms zitiert; was er über die Darstellung
der Kindheit in den Novellen Storms bringt, ist nicht von der Bedeutung,
die der letzte Teil der Arbeit besitzt, der das Thema „Liebe“, im weitesten
Sinne behandelt und mehr inhaltlich als formell interpretiert. Die Arbeit
Dreesens ist die erste Dissertation, die sich mit Storm beschäftigt. Der
dichterisch empfindende Verf. macht den Versuch das romantische Element
in der Dichtung Storms auszusondern und führt im einzelnen aus, was
Schütze schon im Umriß skizziert hatte; er verschmäht es, die literar
historischen Beziehungen aufzuzeigen und zieht es vor in die „Tiefen der
Stormschen Seele“ zu steigen und aus ihr heraus die romantischen Züge
seiner dichterischen Physiognomie zu deuten.
Zu dem Thema dieser Arbeit bringt die vorhandene Literatur nicht
viel bei, nur Schütze hat auch hier wiederum die ersten Ansätze gegeben 5 ).
Zitiert wird in dieser Arbeit nach: Theodor Storms Sämtliche
Werke. Neue Ausg. in acht Bänden 4 . Braunschweig, Westermann, 1899.
■) Erich Schmidt, Th. St. Charakterist. I, 437. - 2 ) Paul Schütze, Th. Storm,
Sein Leben und seine Dichtung, 1888. Zweite, verb. u. verm. Aufl. hsg. v. Dr. Edmund
Lange. 1907. — 3 ) A. D. B., XXXVI, 456. — 4 ) A. Vulliod, Les sources de l’ämotion
dans l’ceuvre de Th. St. Revue germanique, troisieme annce (1907), Nr. 1,2. W. Dreesen,
Romantische Elemente bei Storm. Bonn. Diss. 1905. — 6 ) Vgl. Schütze a. a. O.
S. 262 ff.