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hindert ihn in seinen Plänen. Nur in der Absicht, die Verhaßte
zu quälen, wiederholt er sein Anerbieten, Ximenens Rache zu
übernehmen. Belzara mit ihrer weiblichen Feinfühlichkeit merkt
wie lästig er damit Ximena wird und beschließt, sie von dem
Aufdringlichen zu befreien und dabei gleichzeitig diesem selbst eine
Lektion zu erteilen. Mit feinem Spott sagt sie: „Sanchez kennt
die Liebe nicht, er würde sonst begreifen, wie Liebe nur zu
Carlos Eure Brust erfüllt, und welche Qual es Eurem Herzen
schafft, die Rache auszuüben. Wär’ Sanchez Eurer wahrer Freund,
wie er den Mut hat, zu behaupten, würd’ er, statt die Entscheidung
zu beflügeln, für ihren Aufschub seine Kraft einsetzen, um Carlos
der Geliebten zu erhalten.“ Belzara erreicht mit ihren Worten
die beabsichtigte Wirkung: Sanchez zieht sich zurück und Ximena
atmet auf.
Diese Scene ist eine Nachbildung von Akt 111,2 der Vorlage.
Dort hat aber wieder die Vertraute Chimenens, Elvira, die Rolle
Belzaras inne. Bei Corn. ist die Scene übrigens viel kürzer:
Sanchez bittet Chimene, sich seiner bei der Ausführung ihrer
Rache zu bedienen. Chimene erwidert ihm, daß sie zunächst die
Entscheidung des Königs abwarten werde; sollte ihr durch ihn
Gerechtigkeit nicht werden, so wolle sie Sanchos Anerbieten an
nehmen. Elvira ist zugegen, redet aber nicht. Wenn Cibber hier
— wie er sagt — Gelegenheit nimmt, Belzara recht aktiv sich
an der Handlung beteiligen zu lassen, so erreicht er damit ein
Doppeltes: Einmal vermag er Sanchos Charakter ins rechte
Licht zu setzen, und zum andern fördert er auch die Neben
handlung, die ja seine eigene Erfindung ist, und somit ist diese
Erweiterung der Scene als recht geschickt zu bezeichnen.
Scene 3.
Belzara ist allein mit Ximena zurückgeblieben und sucht
diese zu trösten. Vor allem rät sie ihr, zunächst nichts gegen
Carlos zu unternehmen und nur der Gerechtigkeit ihren Lauf zu
lassen. Der Zwiespalt, der in Ximenas Brust zwischen Liebe
und Pflicht tobt, verrät sich bei ihr in bitteren Tränen und ver
zweifelten Klagen. Es drängt sie, ihrer Kindespflicht, die Rache
heischt, zu genügen, und doch fürchtet sie widerum, daß ihrem
Ruf nach Rache entsprochen werden könnte, da alles sie drängt,
Carlos zu entschuldigen, aber nicht zu verdammen: Ihr letzter