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erwähnte Punkt auch Bedenken erregen könnte, so dürfte für
eine endgültige Beurteilung der Frage Punkt 4) doch ausschlag
gebend sein.
Es wäre dann endlich noch zu prüfen, ob die französischen
Nachahmungen, Fortsetzungen und Bearbeitungen (vergl. p. 6 ff.)
auf Cibbers „adaptation“ einen Einfluß ausgeübt haben könnten.
Die Frage wird sich entscheidend nur schwer beantworten lassen,
die Möglichkeit ist jedenfalls vorhanden. Es existierte näm
lich schon 1640 in England eine Uebersetzung von Desfontaine’s
„la Vraie Suite du Cid“. Sie ist gleichfalls von dem oben er
wähnten Rutter verfaßt und trägt den Titel „The Second Part of
the Cid“. Offenbar wurde übrigens auch dieser „zweite“ Teil, der in
allen Ausgaben mit dem ersten zusammengebunden erscheint, für
ein Werk Corneilles gehalten. Wenigstens bemerkt Langbaine
(a. a. O.) ausdrücklich: „The Cid, Part II, a Tragi-Comedy. This
Part was also translated from Corneille by our Author“ (sc.
Rutter). Ob nun Cibber durch diesen „zweiten“ Teil der Uebersetzung
in seiner Idee, die Verwickelung in „Ximena“ durch eine Heirat
zwischen Carlos und der Titelheldin zu einem glücklichen Ausgang
zu führen, bestimmt oder bestärkt worden ist, läßt sich kaum
feststellen. Direkte Uebereinstimmungen bestehen sonst zwischen
den beiden Stücken nicht.
Auch die von I. B. Rousseau besorgte „restutition“ des
„Cid“, die insofern Beziehungen zu Cibbers „Ximena“ vermuten
lassen könnte, als auch bei ihm die Rollen der Infantin und
ihrer Vertrauten vollständig gestrichen sind, kann aus dem Grunde
auf Cibber keinen Einfluß ausgeübt haben, weil sie erst geraume
Zeit nach der Aufführung seines Dramas erschien. ! )
Fassen wir die Ergebnisse dieses Kapitels zusammen, so
ergibt sich, dass als einzige Quelle für Cibbers „Ximena“ der
„Cid“ Corneilles in seiner Originalgestalt inbetracht kommt; eine
Beeinflussung Cibbers durch englische oder französische Ueber-
setzer, bezw. Bearbeiter Corneilles läßt sich mit Sicherheit nicht
feststellen. *)
>) Rousseau’s „restutition“ entstand während derZeit seinerVerbannung
in Brüssel, erschien also erst nach 1717.
2 ) Man vergl. hierzu auch p. ff.