Full text: Colley Cibber's Tragicomedy "Ximena or the Heroick Daughter" und ihr Verhältnis zu Corneilles "Cid"

102 
währen, nicht entsprechen, doch steht er nicht an, ihn durch den 
hinterlassenen Zettel vor der Welt zu rechtfertigen und sogar 
die Einwilligung zu einer Verbindung desselben mit seiner Tochter 
zu geben, wenn er selbst durch dessen Hand fallen sollte. — 
Durch diese veränderte Charakterzeichnung hat Cibber erreicht, 
daß der Zuschauer Gormaz’ Tod nur mit einem gewissen Mitleiden 
aufnehmen kann, nicht wie bei Corneille in dem Bewußtsein, daß 
ihn die verdiente Strafe getroffen habe. Damit hat er zugleich 
den glücklichen Ausgang des Stückes einigermaßen vorbereitet. 
Für das Lustspiel wäre Cibbers Gormaz eine ganz passende Figur; 
tragisch kann er nie wirken. 
5. Sanche-Sanchez. 
In der Charakterzeichnung des Sanchez ist Cibber selbständig 
vorgegangen. Bei Corneille spielt Sanche eine Rolle von recht 
untergeordneter Bedeutung. Der Dichter führt ihn hauptsächlich 
ein als Gegenspieler der Infantin; beide repräsentieren die un 
glücklich Liebenden des Stückes. Zugleich aber soll er den 
Charakter Chimenens heben, die es verdient, von mehreren begehrt 
zu werden. Der Sanche des „Cid“ entwickelt sich aber nicht, 
sondern bleibt durch alle 5 Akte hindurch der, „gallant homme.“ 
Er ist der Rivale Rodrigos, aber ein durchaus edler Charakter, 
der sich durchaus keiner unehrlichen Handlungsweise schuldig 
macht, um den Sieg über ihn davonzutragen. Kühn fordert er, 
der Waffenungeübte, den Besieger der Mauren zum Zweikampf. 
Ebenso unerschrocken zeigt er sich dem König gegenüber, als 
dieser, erregt über den Ungehorsam des Gormaz, sein Mißfallen 
ausspricht: Sancho allein ist es, der den Mut hat, ihn zu ver 
teidigen und darauf hinzuweisen; daß es eines freien Ritters 
unwürdig sei, sich einem fremden Willen zu beugen. Seine 
Liebe zu Chimene scheint freilich recht eigener Art zu sein; 
denn schnell genug tröstet er sich über ihren Verlust, ja er kann 
es nicht einmal beklagen, im Kampfe gegen Rodrigo unterlegen 
zu sein, da er durch seine Niederlage beigetragen habe, eines 
andern Liebesglück zu gründen: 
„Pour moi, bien que vaincu, je me repute heureux; 
j’aime encore ma defaite 
Qui fait le beau succes d’une amour si parfaite“ (v. 1759 ff.) 
In durchaus anderem Lichte erscheint Sancho in „Ximena“.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.