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implique chez le poete et chez les personnages de son drame
cette conviction que le comte lui-meme, s’il pouvait parier,
consentirait au mariage de sa fille avec Rodrigue.“ Diese „Ueber-
zeugung“ hat nun Cibber recht wohl und auf ganz natürliche Art
zu geben verstanden, und es bleibt nur zu verwundern, daß seine
Selbständigkeit nicht noch einen Schritt weiter gehen konnte, um
hieraus die letzten Konsequenzen zu ziehen und eine wohl
befriedigende Lösung herbeizuführen.
Ich möchte dieses Kapital nicht schließen, ohne einige Be
merkungen darüber zu machen, wie sich Cibber mit der „Ein
heit von Ort und Zeit“ abfindet.
Französische gemäßigte Kritiker — und denen hatte auch
Corneille sich angeschlossen — hatten allmählich mit dem strengen
Gesetze von den bekannten drei „unites“, welche den Dramatiker
in eine Art Prokrustes-Bett zwingen, gebrochen, wenigstens soweit
Ort und Zeit inbetracht kommen. Corneille verlangt beispiels
weise, daß das „Gebiet“ einer Stadt zur „Einheit des Ortes“ ge
nüge. ln diesem Sinne ist natürlich die „Einheit des Ortes“ im
„Cid“ gewahrt; denn ohne Schwierigkeit läßt sich die ganze
Handlung in das Gebiet von Sevilla verlegen. Es ist übrigens
Corneille häufig als Fehler angerechnet worden, daß er den Schau
platz seines „Cid“, der in den Romanzen und bei de Castro in
Burgos zu suchen war, nach Sevilla verlegt habe, zumal darin
ein arger Anachronismus zutage trete, insofern als diese Stadt
erst anderthalb Jahrhunderte später zu Castilien kam. x ) Aus der
Selbstkritik aber, die Corneille seinem „Cid“ folgen läßt, ersehen
wir, daß die Verlegung der Handlung von Burgos nach Sevilla
nicht, wie Kritiker 2 ) vermeinen, der Unwissenheit Corneilles zu
zuschreiben ist, sondern einem bestimmten, wenn auch etwas
wunderlichen Zwecke dient. Corneille weiß — wie er sagt —
ganz genau, daß Ferdinand 1. damals noch nicht Herr der Stadt
Sevilla war; dagegen glaubte er, daß für die Ausschiffung der
Mauren, die zu seinem Plan gehörte, Sevilla sich allein als
') Sevilla war zur Zeit des im „Cid“ auftretenden Königs Ferdinand I.
von Castilien (1035—1065) Hauptstadt von Andalusien, und dieses war noch
ein selbständiges Königreich. Erst unter Ferdinand III., dem Heiligen,
(1217—1252) wurde Sevilla nach der Eroberung Andalusiens (1248) zur
Hauptstadt des Reiches gemacht.
3 ) cf. Schack, a. a. O.