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Seilschaft damals als Ideal verehrte, eine romantische Ritterlichkeit
in dem Gewände moderner Galanterie, das fand sie in ihm ver
körpert.
Durch ganz Europa wurde daher auf einmal diese teils
sagenhafte, teils historische Heldengestalt des Cid bekannt, wurde
doch überall der „Cid“ Corneilles übersetzt und aufgeführt.
Fontenelle in seinem „Vie de Corneille“ berichtet beispiels
weise, daß der Autor seinen „Cid“ besaß übersetzt in alle
Sprachen Europas, „hormis la turque et l’esclavonne“.
Ja, in Spanien selbst übersetzte man dieses dem Spanischen
entnommene Drama und begeisterte sich an seinen hehren Ge
stalten. Dort erschien es unter dem Titel „El Honrador de su
padre“ (Der Rächer seines Vaters), und lange Zeit wurde der
Verfasser desselben, Juan Bautista Diamante — wohl infolge der
kritiklosen Hinnahme einer Behauptung Voltaires — als eine zweite
Quelle Corneilles angesehen. Es liegt nicht im Rahmen dieser
Arbeit, auf den langen Streit darüber des näheren einzugehen,
wem von den beiden Dichtern das Recht der Priorität zuzuer
kennen sei. Hier mag nur beiläufig erwähnt sein, daß genauere
Untersuchungen einwandfrei dargetan haben, daß nicht Diamante
eine Quelle Corneilles, sondern Corneille die Vorlage Diamantes
gewesen ist, und daß somit Corneille — dessen Vorlage nur de
Castro und die spanischen Cid - Romanzen waren — von dem
Vorwurf eines Plagiators gereinigt erscheint. 1 )
Wie groß das Interesse war — und man darf wohl sagen,
zu allen Zeiten geblieben ist — das Corneille für die Helden
gestalt des Cid erweckte, dafür legen auch die zahlreichen Fort
setzungen und Umarbeitungen des „Cid“ beredtes Zeugnis ab.
So erschien beispielsweise 1637 „La Suite et la Mariage du Cid“
von Urbain Chevreau, 1638 „La Vraie Suite du Cid“ von Des-
fontaines und endlich 1639 „L’Ombre du Comte de Gormas et
la Mort du Cid“-von Thimothee de Chillac. Letzteres Stück mit
seinem wertlosen Inhalte ist allerdings nie aufgefühlt worden. 2 )
Schließlich möge als eine französische Bearbeitung neueren
Datums noch die des Pierre Lebrun Erwähnung finden: „Le Cid
d’Andalousie“, 1825.
*) Vergl. hierzu die genaueren Ausführungen bei Hunger a. a. O.
und Marty-Laveaux a. a. O.
2 ) cf. Parfaict: Hist, du theätre fran?. V, 364.