Full text: Leitfaden für den Unterricht in der deutschen Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der kulturgeschichtlichen Momente für die Oberstufe mehrklassiger Volks- und Mittelschulen

44 I. Die älteste Zeit. B. Die Völkerwandg. u. b. Gründung b. Frankenreiches. 
durchmachen. Er hieß in dieser Zeit Novize und wurde ganz wie 
ein Mönch gehalten. Bewährte er sich, so erfolgte seine Einkleidung 
als Klosterbruder. Das Haar wurde ihm geschoren, das Mönchs 
gewand ihm angethan, und er mußte die Ordensgelübde ablegen. 
Das Leben im Kloster war ursprünglich ein sehr einfaches und die 
Zucht eine strenge. Die Klosterregeln waren aufgestellt von Bene 
dikt von Nursia (543), der das Kloster Monte Casino bei 
Neapel gestiftet hatte. Sie verpflichteten zu lebenslänglichem 
Aufenthalt im Kloster und zu dem dreifachen Gelübde der persön 
lichen Armut, der Keuschheit und des unbedingten Gehorsams. Die 
nach seiner Ordensregel zusammenlebenden Mönche hießen Bene 
diktiner. 
Die hohe Geistlichkeit nun mit ihrer zahlreichen Dienerschaft, 
die Klöster mit ihren Mönchen brauchten mancherlei zu ihrem Lebens 
unterhalt, und bald sammelte sich um ihre Mauern eine Gemeinde 
von hörigen Handwerkern und Zinsleuten. Die wunderthätigen 
Reliquien zogen fromme Wallfahrer an; Kaufleute und Händler 
kamen herbei, und bald waren um Kirchen und Klöster, die meistens 
in tiefer Einöde angelegt waren, ganze Städte entstanden. Auf 
diese Weise sind Bremen, Hamburg, Lübeck, Hildesheim, 
Fulda und viele andere Städte geworden. 
Anfänglich waren die meisten Einwohner dieser Städte eine 
Vereinigung der von der Kirche oder dem Kloster abhängigen Acker 
bauer und Handwerker, die alle im Stande der Hörigkeit sich be 
fanden und ebenso wie die Knechte, die auf dem Grund und Boden > 
der Königspfalzen und Ritterburgen angesessen waren, die Bedürf 
nisse ihrer Herren zu beschaffen hatten. Als aber an diesen Plätzen s. 
immer mehr Fremde sich ansiedelten, fanden die Handwerker, da sie 
mehr fertig stellen konnten, als ihre Herren gebrauchten, bald Ge 
legenheit, auch für andere zu arbeiten und ihre Erzeugnisse um Geld 
zu verkaufen. Die Herren ließen dies zu, da ihre Hörigen dadurch 
zu einem gewissen Wohlstand gelangten; das frühere Verhältnis 
der Dienstbarkeit aber dauerte noch fort. Der Herr gab seinen 
Knechten, die ein Handwerk ausübten, den Sloff zu ihren Erzeug- k 
nisten, wie Felle, Holz, Eisen u. s. w., den sie dann verarbeiteten 
und teils ablieferten, teils verkauften. Zemehr die Handwerk trei 
benden Hörigen an Zahl zunahmen, desto mehr überflüssige Arbeiten 
wurden hergestellt, die dann allmählich auf den mit den kirchlichen 
Festen verbundenen Märkten verkauft wurden. Die Mönche be 
sonders benutzten den Umstand, daß an den hohen Kirchenfesten und 
an den Festtagen der Schutzheiligen eine Menge gläubigen Volkes 
bei den geistlichen Stiftern und den Domkirchen zusammenströmte, 
zur Einrichtung von Märkten. Da gleichzeitig die feierlichen 
Messen in den Kirchen abgehalten wurden, so wurden bald die
	        
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