4. Die Ostgoten.
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des oströmischen Kaisers, sondern vielmehr, um hier ein ostgotisches
Reich zu gründen. Zn mehreren Schlachten besiegte er Odoaker,
und als dieser sich hinter den festen Mauern Ravennas barg, be
lagerte er ihn drei Jahre lang. Endlich mußte Odoaker sich er
geben; ihm ward Leben und Freiheit zugesichert, doch wurde er
wenige Tage daraus bei einem lärmenden Gastmahl von Theodorichs
eigener Hand ermordet, und nun geboten die Ostgoten über ganz
Italien (493). Sie ließen sich den dritten Teil vom Grund und
Boden abtreten, während das übrige der römischen Bevölkerung ver
blieb. Die letztere behielt gleichfalls ihre alte Verfassung und Ge
setzgebung, während die Germanen sich untereinander nach ihrem
Stammesrecht richteten. Handel, Gewerbthätigkeit, Ackerbau und
alle Künste des Friedens verblieben den alten Bewohnern; dagegen
bildeten die Goten den Wehrstand des Landes und pflegten nach wie
vor alle kriegerischen Übungen.
Hatten die Einwohner von ihrem Landbesitz auch vieles auf
geben müssen, so war doch der furchtbare Steuerdruck weggefallen,
der in den letzten Zeiten des Römerrciches auf den armen Unter
thanen gelastet hatte. Darum wurden die Germanen von den
Römern zum Teil als Befreier angesehen, und Italien blühte unter
der trefflichen Regierung Theodorichs zu neuem Wohlstände empor.
Dennoch gelang es ihm nicht, die beiden Völker, die als „Ger
manen" und „Welsche" nebeneinander bestehen blieben, zu ver
schmelzen. Das Scheitern dieses Versuchs, sowie der Haß der
Römer, den er sich durch grausame Bestrafung einzelner Verräter
zuzog, verbitterten die letzten Lebensjahre des großen Gotenkönigs,
und von Kummer gebeugt, sank er in ein frühes Grab. Zn ihren
Sagen und Heldenliedern haben die Germanen ihm in der Helden
gestalt „Dietrichs von Bern" ein treues Gedächtnis bewahrt.
Nach Theodorichs Tode führte dessen Tochter Amalasuntha
die Regierung. Sie wurde von ihrem unwürdigen Gatten Theodat
unter dem Vorgeben, mit dem oströmischen Kaiser Justinian im
Bunde gestanden zu haben, ermordet. Justinian, der soeben durch
seinen Feldherrn Belisar das Vandalcnreich unter dem
letzten König Gel im er besiegt und Nordafrika zu einer o st
röm ischeu Provinz (534) gemacht hatte, fand in der Ermordung
Amalasunthas einen willkommenen Vorwand, das Gotenreich an
zugreifen. Belisar landete mit einem Heere in Unteritalien und er
oberte eine Stadt nach der andern. An Stelle des feigen Theodat
erhoben die Goten den tapferen Vitiges auf den Königsschild.
Doch weder er, noch sein Nachfolger, der treffliche Totilas, ver
mochten sich gegen Belisar zu halten. Als dieser dann von dem
argwöhnischen Justinian nicht mehr genügend mit Geld und Mann
schaften unterstützt wurde und deswegen um seine Abberufung bat,
Böe, Deutsche Geschichte. 3