Full text: Leitfaden für den Unterricht in der deutschen Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der kulturgeschichtlichen Momente für die Oberstufe mehrklassiger Volks- und Mittelschulen

32 I- Die älteste Zeit. B, Die Völkerwandg. u. d. Gründung d. Frankenreiches. 
teren Venedig legten, und wollte nun seine Scharen nach Rom 
führen. Durch Vermittelung des römischen Bischofs Leo jedoch 
ließ Attila, dessen Heer durch Mangel und Krankheit geschwächt 
war, sich bewegen, gegen ein unermeßliches Lösegeld den Rückzug 
nach Pannonien anzutreten. Ein Jahr darauf starb er und wurde 
von seinen Hunnen in feierlicher Weise bestattet. Die Germanen 
betrachteten den gewaltigen Helden gleichsam als den ihrigen, indem 
sie ihn neben ihren besten Männern in ihren Heldensagen fortleben 
ließen. Das Hunnenreich zerfiel; die unterworfenen Völker machten 
sich frei, und die Hunnen zogen sich in die Steppen an der W o l g a 
zurück. 
4. Die Ofigoten. 
Das weströmische Reich vermochte dem wiederholten Ansturm 
der germanischen Scharen nicht mehr zu widerstehen; die besten 
Provinzen, Gallien, Britannien, Spanien und Rord- 
afrika, waren in Germanenreiche umgewandelt. Die Kaiser, die 
in Rom rasch wechselten, waren vollständig in der Hand der deut 
schen Söldnerführer, die scheinbar in ihrem Dienste standen, in 
Wirklichkeit jedoch die Geschicke des Reiches bestimmten. Endlich 
forderten die germanischen Söldner ebenso wie ihre Stammesgenossen 
in den Provinzen Landbesitz in Italien, und als ihnen das ver 
weigert wurde, entkleideten sie den jungen Imperator Romulus 
Augustulus im Jahre 476 des Purpurs und riefen ihren Führer, 
den Heruler Odoaker, zum König aus. Er machte dem weströmi 
schen Reiche ein Ende und gebot fortan als germanischer Heeres 
könig in Italien. Doch dauerte seine Herrschaft nicht lange; schon 
nach siebzehn Jahren wurde ihr durch die Ostgoten unter ihrem 
Könige Theodorich ein Ende gemacht. 
Die Ostgoten wohnten, nachdem sie sich von der Herrschaft der 
Hunnen befreit hatten, in der oströmischen Provinz Mösien süd 
lich von der Donaumündung. Hier bildeten sie ein selbständiges 
Reich, dem Namen nach unter oströmischer Oberhoheit, in Wirklich 
keit jedoch nur als Verbündete Ostroms. Ein Jüngling aus dem 
Königsgeschlecht der Amaler, Theodorich, der in Konstanti 
nopel erzogen war und hier .römische Bildung sich angeeignet hatte, 
wurde, durch Tapferkeit und Unternehmungsgeist ausgezeichnet, in 
seinem 18. Jahre zum König gewählt. Um den gefürchteten Helden 
von dem durch innere Zwietracht und höfische Ränke geschwächten 
oströmischefi" Reiche fern zu halten, forderte ihn der Kaiser auf, mit 
seinen Goten Italien zu erobern, und ernannte ihn zugleich zum 
Statthalter der zu erobernden Provinz. 
Theodorich führte im Jahre 488 seine Gotenscharen in die 
lachenden Gefilde der Poebene, allerdings nicht so sehr im Aufträge
	        
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