28 I- Die älteste Zeit. B. Die Völkerwandg. u. b. Gründung d. Frankenreiches.
sius hatte das Reich in ein oströmisches und ein weströmisches
geteilt (398) und jenes seinem ältesten Sohn Arcadius hinter
lassen, während dieses der jüngere Honorius erhielt. Von seinem
Ratgeber Rufinus verleitet, behandelte Arcadius die Westgoten
nicht gemäß den abgeschlossenen Verträgen; sie erhoben den kühnen
und schlauen Alarich aus ihrem Königsgeschlechte der Balten nach
väterlicher Sitte als König auf den Schild, und dieser führte sie
plündernd und verwüstend durch die ganze griechische Halbinsel bis
in den Peloponnes. Da eilte der Vandale Stilicho, der Feld
herr des weströmischen Kaisers Honorius, herbei und zwang Alarich
zum Rückzüge. DieWestgoten erhielten nun die Provinz Jllyrien
zum Wohnsitz angewiesen; aber Alarich dachte nicht daran, hier un
thätig zu verweilen. Er fiel in die Poebene ein, und obwohl Stilicho
ihn in zwei Schlachten überwand, erkannte er dennoch, daß die
römischen Heere den kräftigen Westgoten auf die Dauer keinen
Widerstand leisten konnten, zumal auch andere germanische Scharen,
die Vandalen, Sueven, Burgunder und Alanen, unter
Führung des Radagais in Italien eingebrochen und nur mit Hilfe
der aus Gallien und Britannien zurückgezogenen Legionen mit Mühe
besiegt und nach Südgallien und Spanien verdrängt worden
waren. Er suchte daher Alarich durch friedliche Unterhandlungen
zu bewegen, nicht weiter vorzudringen. Während derselben aber
wurde Stilicho durch eine ihm feindliche Partei am kaiserlichen Hose
ermordet, und nun rückte Alarich ungehindert auf Rom los, während
der Kaiser Honorius sich in dem verschanzten Ravenna hielt (408).
Als die römischen Abgesandten ihn prahlerisch einzuschüchtern ge
dachten, indem sie mit dem verzweifelten Widerstande der römischen
Bewohner drohten, antwortete Alarich ihnen: „Je dichter das Gras,
desto besser das Mähen." Da lenkten die Gesandten ein und be
gannen mit dem stolzen Barbaren über den Abzug zu unterhandeln.
Gegen eine Abgabe von 5000 Pfund Gold, 30 000 Pfund Silber
4000 seidenen Gewändern, 3000 Stück Scharlachtuch und 3000
Pfund Pfeffer hob Alarich die Belagerung auf. Jedoch blieb er in
Italien, und schon 410 stand er abermals vor Rom, dessen Thore
ihm in mitternächtlicher Stille durch germanische Sklaven geöffnet
wurden. An der «Ltadt, die einst die Welt beherrscht hatte, wurde
jetzt das Schicksal vergolten, das sie so vielen anderen Städten be
reitet hatte. Doch wenn auch die Kostbarkeiten und Schätze von den
Goten hinweggeführt wurden, so benahmen sie sich immer noch
menschlicher und milder, als einst die Römer in ähnlichen Fällen ge
than hatten.
Alarich zog mit seinem beutebeladenen Heere nach Süden, um
über Sicilien nach Nordafrika überzusetzen. Da erlag er in der
Blüte seines Lebens, im 34. Jahre, den Anstrengungen und dem